Vor-Ernte-Mediengespräch

AGRAVIS-Versuchsgut St. Mauritz: Regionales Miteinander eröffnet neue Wege

News vom 24.06.2022

Vorerntegespräch AGRAVIS
v. li.: Georg Krimphove, Dr. Dirk Köckler, Susanne Schulze Bockeloh, Christopher Krimphove

Die Ernte 2022 rückt näher und selten wurde angesichts der Diskussion um Versorgungssicherheit, Preishausse und Energieembargo mit so großer Spannung auf Erträge und Mengen geschaut wie in diesem Jahr. Mit der aktuellen Marktlage von Getreide sowie den Ernteerwartungen in der Region Münster und dem Münsterland beschäftigte sich ein regionales Vor-Ernte-Mediengespräch der AGRAVIS Raiffeisen AG auf dem Versuchsgut St. Mauritz in Münster. Dort standen neben dem AGRAVIS-Vorstandsvorsitzenden Dr. Dirk Köckler, die Vorsitzende des landwirtschaftlichen Kreisverbandes Münster und Landwirtin, Susanne Schulze Bockeloh, sowie Georg Krimphove und Christopher Krimphove, beide Geschäftsführer der gleichnamigen Familienbäckerei, Rede und Antwort.  

Fachleute erörtern aktuelle Marktlage und Ernteerwartungen

In Deutschland wird nach ersten Schätzungen eine Weizenernte von 22 bis 22,5 Mio. Tonnen (Vorjahr: 21,4) sowie eine Gerstenernte in Höhe von 10 bis 10,5 Mio. Tonnen (Vorjahr 10,4) erwartet. Die Bestände im Arbeitsgebiet der AGRAVIS Raiffeisen AG werden von den AGRAVIS-Marktexperten insgesamt als sehr heterogen beschrieben. Örtlich gibt es besonders auf leichteren Standorten sowohl in der Gerste als auch im Weizen stärkere Trockenschäden. Niederschläge fielen oft nicht flächendeckend, sodass die Unterschiede auch in der Wasserversorgung groß sind. Auf besseren Standorten mit ausreichendem Niederschlag sind überdurchschnittliche Erträge zu erwarten. Vielerorts soll der Krankheitsdruck relativ gering sein. „Die Weizenbestände sind laut Angaben der Pflanzenbaufachleute weiterentwickelt als im Durchschnitt und im Vergleich zum Vorjahr deutlich weiterentwickelt. Das könnte für eine relativ frühe Weizenernte sprechen“, fasste Dr. Dirk Köckler, Vorstandsvorsitzender der AGRAVIS, zusammen.  

Höhere Getreidepreise sind zu erwarten

Die ohnehin angespannte Versorgungslage bei Getreide auf den Weltmärkten werde durch den Krieg in der Ukraine allerdings weiter verstärkt. „Zusammengefasst müssen wir uns mit einem höheren und volatileren Preisniveau auseinandersetzen, Weizen zu 160 Euro pro Tonne werden wir wohl nicht mehr sehen“, so Dr. Köckler weiter. Steigende Logistikkosten und knapper Frachtraum erhöhen ebenfalls die Preise. Die hiesige Getreideversorgung sei in punkto Menge in jedem Fall gesichert. „Als AGRAVIS sehen wir uns als regionaler Partner der Genossenschaften und Landwirte sowie der Mehlmühlen. Mit einem strikten Risikomanagement und kleinen Positionen auf Sicht stellen wir Versorgungssicherheit für unsere Partner und deren nachgelagerte Kundinnen und Kunden sicher. Wir sind der verlässliche Partner der Landwirtschaft“, stellte der AGRAVIS-CEO heraus. Die kriegerischen Auseinandersetzungen haben fundamentale Auswirkungen auf das Geschäft und die Struktur der heimischen Landwirtschaft. „In diesen Zeiten ist es daher unsere gemeinsame Aufgabe, mit für Ernährungssicherheit zu sorgen“, betonte Dr. Köckler. 

Einsatz von Nebenprodukten in der Mischfutterproduktion

In der aufflammenden Diskussion um die Nutzung von Getreide für Energie und  Tierfutter mahnte der AGRAVIS-Vorstandsvorsitzende zur Sachlichkeit und zur Betrachtung der Fakten: „Wir verwenden in der gesamten Mischfutterproduktion von rund fünf Mio. Tonnen weniger als 20 Prozent Brot-Getreide. Mehr als 50 Prozent der eingesetzten Rohwaren sind Nebenprodukte wie Schrote oder Kleien aus den Schalen von Getreide und Eiweiß-Ölpflanzen wie Raps. Klassisches Futtergetreide wie Gerste, Triticale oder Mais hat eine feste Funktion in den mehrjährigen Fruchtfolgen auf den Äckern und dient gar nicht oder nur begrenzt für die Humanernährung. Die aktuell hohe internationale Nachfrage nach Brotweizen führt zu hohen Preisdifferenz zwischen Brot- und Futterweizen und minimiert somit den Anteil in den Futterrationen. Ein völliger Verzicht auf Brotweizen in der Tierfütterung ist möglich.“ 

Ernteerwartungen in der Region Münster

Susanne Schulze Bockeloh, Vorsitzende des landwirtschaftlichen Kreisverbandes Münster, warf anschließend einen Blick auf die Ernteerwartungen in der Region Münster. Sie hielt dabei fest, dass Vor-Ernte-Prognosen zunächst einmal die momentanen Bestände bewerten. „Die Witterung in der nächsten Zeit und bis hin zur Ernte hat auf die Ertragshöhe durchaus noch Einfluss“, betonte Schulze Bockeloh. „In jedem Stadium – Bodenbearbeitung, Aussaat, Pflanzenschutz – arbeiten die Landwirtinnen und Landwirte mit großer Sorgfalt, um ihr Ziel – einen möglichst hohen Ertrag mit guter Qualität – zu erreichen.“ Ob dies gelinge, zeige sich, so die Landwirtin, ab Anfang Juli, wenn die Mähdrescher losfahren, denn erst mit der Ernte werde abgerechnet.  

„Grundsätzlich hat es zu wenig geregnet, vor allem im Frühjahr. Je nach Bodenqualität und somit Wasserhaltevermögen haben sich die Feldfrüchte entwickelt. Besonders auf leichten Böden beginnt das Getreide bereits abzureifen. Mit dem Start der Gerstenernte ist in den nächsten Tagen zu rechnen, wobei eine frühe Ernte kein Indiz für hohe Erträge ist“, führte Schulze Bockeloh weiter auf. Auf mittleren Böden stehe das Getreide gut und gut verteilte Niederschläge in der nächsten Zeit könnten beim Weizen gute Erträge sichern. Auch beim Mais, der auf schweren Böden einen schlechten Feldaufgang hatte und dem Wasser fürs Wachstum fehlte, könne die passende Witterung bis zur Ernte noch viel ausgleichen.  

Chancen in der Gemeinsamkeit suchen und nutzen

Im Hinblick auf die anstehenden Herausforderungen wie sichere Nahrungsmittelversorgung und Klimawandel sei die Landwirtschaft ein wichtiger Lösungsanbieter, so Schulze Bockeloh weiter. Dazu könne auch eine Zusammenarbeit auf regionaler Ebene zwischen Genossenschaften und Verarbeitern beispielsweise mit Bäckern ein Weg sein. „Die Landwirtinnen und Landwirte sind bereit neue Wege zu gehen, die Zukunft zu gestalten und Veränderungen im Ackerbau durch Anbaudiversifizierung vorzunehmen.“

Wie sich das verarbeitende Bäckerhandwerk der aktuellen Situation mit Versorgungsengpässen und hohen Preisen stellt, umrissen Georg Krimphove und Christopher Krimphove, beide Geschäftsführer der gleichnamigen Familienbäckerei. „Wir sollten zusammenrücken und eine intensivere Zusammenarbeit in der Region mit Konzepten für die Region vorantreiben. Vorstellbar und wünschenswert sind beispielsweise lokale Kooperationen zwischen Landwirtschaft, Mühlen und Bäckereien im Hinblick auf Anbaustrategien von Getreide und anderen Produkten“, hoben die Geschäftsführer hervor. Vorstellbar sei es, die Bedingungen für einen regionalen Anbau von Mohn oder Sonnenblumen zu erproben. Dazu signalisierte der AGRAVIS-Vorstandsvorsitzende direkt seine Bereitschaft. „Den Gedanken weiter zu festigen und Strategien auch hier auf dem AGRAVIS-Versuchsgut in St. Mauritz zu erproben, kann ich etwas Positives abgewinnen. Wir sind bereit.“ 

Darüber hinaus waren sich alle Beteiligten einig, dass die Suche nach qualifizierten Mitarbeitenden eine weitere Herausforderung für die Unternehmen der Wertschöpfungskette Agrar darstellt. „Das Investment in Recruiting sowie in Aus- und Weiterbildung nehmen somit aktuell einen besonders hohen Stellenwert ein“, betonte Dr. Dirk Köckler. Susanne Schulze Bockeloh unterstrich deshalb auch, dass die Landwirtschaft als attraktiver Arbeitgeber viel Potenzial biete. Und auch in den Bäckereien, so Christopher und Georg Krimphove, sei das Handwerk über Praktika und Ausbildung sehr gut kennenzulernen. „Das Bäckerhandwerk ist traditionell, aber hat sich in den vergangenen Jahren enorm weiterentwickelt – auch in punkto Arbeitszeiten.“

Bei einem abschließenden Rundgang über das Versuchsgut erhielten die Teilnehmenden des Mediengesprächs einen praktischen Einblick in zukunftsweisende regionale Anbaustrategien, die die AGRAVIS auf den Parzellen in St. Mauritz erprobt.   

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