Vielleicht ist es ein kleiner Trost, dass sich inhaltlich an der Düngeverordnung seit 2020 nichts Wesentliches geändert hat. Doch die dritte Ausweisung der Kulissen für rote Gebiete innerhalb von drei Jahren lässt viele den kleinen Trost sehr schnell wieder vergessen. Trotz der Veränderungen und Herausforderungen ist die Aussaat von Winterraps und -getreide erfolgt und die Planungen für Mais, Kartoffeln und Zuckerrüben liegen in den Schubladen. Wenn die Entscheidung für ein weiteres Erntejahr gefallen ist, muss die Düngestrategie passen, damit die Betriebe erfolgreich wirtschaften.
Kosten und Erlöse genau beobachten
Wichtiger denn je ist unter diesen Bedingungen die Kalkulation der eigenen Kosten- und Erlösstrukturen. Nur so lassen sich die gestiegenen Preise in das Gefüge des Marktes einordnen. Wenn Vorverkäufe von Ernteprodukten auf hohem Niveau getätigt werden können, sinkt das Risiko von Fehlentscheidungen im gleichzeitigen Einkauf von Betriebsmitteln.
Praktiker müssen umdenken
Im zweiten Halbjahr 2022 sind im Segment der Stickstoffdünger maßgeblich Harnstoff und AHL vorgekauft worden. Zwischenzeitlich waren Nitratdünger kaum oder gar nicht verfügbar, während Harnstoff und AHL als internationale Düngersorten auf dem Markt preislich attraktiv waren. Mittlerweile sind wieder alle Düngertypen zu haben – wenn auch nicht in beliebiger Menge und teils zu hohen Preisen. „Wir werden also in 2023 mehr Harnstoff und AHL in der Fläche haben als in der Vergangenheit. Demnach müssen einige Praktiker umdenken und die Eigenschaften der N-Einzeldünger bedenken“, erklärt Arne Klages von der AGRAVIS Pflanzenbau-Vertriebsberatung und nennt ein Beispiel: „Ohne Nitrat in der Startgabe können Landwirt:innen die Bestockung nur mit N-Frachten über 100 Kilogramm Stickstoff pro Hektar und einer möglichst frühen Terminierung anregen.“
Schlechtere Versorgung mit Sulfat
„Aufgrund der geringen Mengen schwefelhaltiger Stickstoffdünger erwarten wir außerdem eine deutlich schlechtere Versorgung mit Sulfat. Auf den meisten Feldern ist die frühe Versorgung der Kulturen, vor allem Raps und Gerste, nur mit frisch gedüngtem SO4 möglich. Und dies ist notwendig, da die Aufnahme des teuren Stickstoffs von der Bereitstellung des Schwefels abhängig ist“, betont der Pflanzenbauexperte. Steht der Pflanze kein Sulfat zur Verfügung, kann sie keinen Stickstoff verstoffwechseln. Schwefel aus Wirtschaftsdüngern ist meist erst bei höheren Bodentemperaturen Ende April verfügbar. Die gleiche Lücke entsteht, wenn die Betriebe erst jetzt auf Elementarschwefel umstellen. Auch Bittersalz bietet keinen umfassenden Ersatz. Es bleibt die Ergänzung der Startgabe mit SSA, Kieserit oder Kornkali.