Chilla checkt!

Europäisches Rapsangebot sinkt auf Zehn-Jahres-Tief

AGRAVIS-Experte Bernhard Chilla analysiert das europäische Rapsangebot 2019/2020. Aufgrund enttäuschender Ernteergebnisse muss eine Angebotslücke geschlossen werden.

19.12.2019

Das Wichtigste in Kürze

  • Nicht nur in Deutschland, sondern in fast allen EU Staaten wurde 2019 eine enttäuschende Rapsernte eingefahren.
  • Das EU Angebot sinkt auf ein Zehn-Jahrestief, die EU-Einfuhren müssten ein Rekordhoch erreichen, damit die Rapsverarbeitung auf Vorjahresniveau bleibt.
  • Auch in Australien, neben der Ukraine der wichtigste Ursprung der EU Rapsimporte, sind die Ernteaussichten unterdurchschnittlich.
  • Die aktuellste Ernteschätzung in Kanada liegt zudem unter den Erwartungen und unter Vorjahr. Dennoch steht ausreichend Raps zur Verfügung, da aufgrund des Handelsstreits zwischen Kanada und China der kanadische Rapsexport stockt.
  • Ein Teil des Handelsstreits zwischen den USA und China scheint gelöst und Sojabohnenexporte aus den USA nach China sollen wieder im hohen Umfang möglich sein. Doch die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest in China und der dadurch bedingte hohe Abbau der Schweinebestände verhindert einen deutlichen Anstieg der Sojabohnenimporte.
  • Weltweit ist derzeit kein Sojabohnenknappheit trotz Ernterückganges in den USA zu erwarten. Die Ernteaussichten für Sojabohnen in Südamerika sind derzeit ähnlich gut wie im Vorjahr.
  • Nur das weltweite Pflanzenölangebot 2019/20 soll nach Schätzungen der Marktbeobachter im Vergleich zu den beiden Jahren zuvor stark sinken. Die globale Pflanzenölnachfrage 2019/20 ab Januar sollte mit darüber entscheiden, wie stark die Endbestände von Rapssaat 2019/20 in der EU fallen.

Niedrigste Rapsproduktion seit zehn Jahren in der EU

So knapp war die Rapsversorgung in der EU schon lange nicht mehr. In nahezu allen wichtigen Anbauregionen in der EU wurden in diesem Jahr hohe Ernteverluste eingefahren. Die Ernteschätzungen in der EU wurden fast wöchentlich weiter reduziert und sollte nun mit 16,8 Mio. t gut 3 Mio. t weniger betragen als im Vorjahr produziert wurde. Dadurch stellt sich nun die Frage, wie viel Raps importiert werden muss, um das Defizit durch die inländische Erzeugung auszugleichen. Die Rapsproduktion in der Ukraine und Australien, die beiden wichtigsten Ursprünge der Einfuhren von Deutschland und der EU, soll nur das unterdurchschnittliche Vorjahresniveau erreicht haben. Damit kann aus den beiden Ländern nicht mehr Raps importiert werden als 2018/19. Höhere Einfuhren sind aus Russland möglich, doch das Exportpotential ist begrenzt.

EU braucht Rekordimporte, um Verarbeitungsniveau zu halten

Nicht nur wegen eines deutlich niedrigeren Angebotes als beispielsweise aus der Ukraine, sondern durch die wachsenden Nachfrage Chinas nach russischem Raps. Somit könnte nur noch Kanada die hohe Angebotslücke im Vergleich zum Vorjahr füllen. Importe aus Kanada werden steigen, doch die Höhe der Einfuhren aus Kanada ist durch den Anbau von GVO Raps dort nicht unendlich durchführbar. Trotz weit überdurchschnittlich hohen Importerwartungen 2019/20 von Deutschland/EU sollte die Rapsverarbeitung in diesem Wirtschaftsjahr weiter fallen und so niedrig werden wie zuletzt 2012/13 - ein Rückgang in der EU im Vergleich zum Vorjahr von bis zu 1 Mio. t ist möglich.

Insgesamt verknappt sich die Rapsversorgung in der EU erheblich. Somit stellt sich die Frage, wie das Defizit von inländischer Rapsölproduktion ausgeglichen werden kann. Dieses wäre derzeit aber nur durch höhere Sojabohnenimporte möglich. Dazu sollte das globale Sojabohnenangebot 2019/20 mit den aktuell guten bis sehr guten Ernteaussichten in Südamerika hoch genug sein. Eine Steigerung der Sonnenblumensaatverarbeitung ist dagegen nicht so einfach umsetzbar, da das Saatangebot nicht höher sein sollte als im Vorjahr.

Globale Pflanzenölversorgung rückt 2019/20 in den Mittelpunkt

Somit wird die EU Nettoimporteur von Pflanzenölen bleiben – trotz der weiter anhaltenden Diskussion über die Höhe des EU Biodieselverbrauches. Die Pflanzenölimporte der EU müssten gegenüber dem Vorjahr weiter steigen. Dies zeigt sich bisher aber nicht in den offiziellen Importstatistiken der EU Kommission. Derzeit sind die Einfuhren der EU auf Vorjahresniveau und es dürfte schwierig werden, die Einfuhren kräftig auszudehnen. Die globale Pflanzenölversorgung soll sich nach Schätzungen der meisten Marktbeobachter im Vergleich zu den Vorjahren verschlechtern. Vor allem das Angebot von Palmöl soll deutlich sinken. Ein Grund des sinkenden Angebotes ist eine sinkende Produktion nach einer langanhaltenden Trockenheit in Malaysia und auch Teilen von Indonesien. Zudem stieg die Nachfrage in Asien nach Palmöl zuletzt signifikant an.

Steigende Nachfrage nach Pflanzenöl in Indien

In Indien nimmt die Nachfrage weiter zu und die Importe müssen den wachsenden Bedarf weiter decken. In China sinkt das inländische Angebot an pflanzlichen und tierischen Ölen/Fetten. Die Ölsaatenverarbeitung ist gesunken, da die Einfuhren von Sojabohnen und Raps in Folge der Handelsstreitigkeiten des Landes mit den USA und Kanada stark gefallen sind. Zudem sank das Angebot von Schweinefett, da nach dem Ausbruch der afrikanischen Schweinepest die Schweinebestände im Vergleich zum Vorjahr um 40% gesunken sind. Dieses sinkende Angebot wird derzeit durch einen hohen Anstieg der Pflanzenöleinfuhren ausgeglichen. Die Einfuhren von Rapsöl steigen an, die Palmöleinfuhren wachsen deutlich- auch die Nachfrage nach Sonnenblumenöl bleibt hoch. Obwohl der Handelsstreit zwischen den USA und China nun teilweise gelöst scheint, dürften die Sojabohneneinfuhren Chinas vorerst nicht das hohe Importniveau von 2017/18 erreichen.

Pflanzenölnachfrage entscheidet über finale EU-Rapsversorgung

Ein weiterer Grund fallender Pflanzenölendbestände weltweit 2019/20 könnte werden, dass in den wichtigsten Produktionsländern von Palmöl (Malaysia, Indonesien) ab 2020 die Beimischungsverpflichtung von Biodiesel in konventionelle Kraftstoffe kräftig erhöht werden soll. Abzuwarten bleibt, ob diese ambitionierten Ziele tatsächlich umsetzt werden. Auch in der Vergangenheit wurden ehrgeizige Beimischungsziele ausgerufen, die erst auf einem sehr niedrigen Preisniveau des Palmöles zumindest teilweise umgesetzt wurden. Dadurch ist immer noch nicht eine wichtige Weiche zur endgültigen globalen Entwicklung der globalen Pflanzenölendbestände 2019/20 gestellt.

Zwar wird der globale und der EU Pflanzenölmarkt und Rapssaat 2019/20 im Vergleich zu den Vorjahren knapper versorgt sein. Wie knapp die Versorgung vor allem in der zweiten Hälfte des Wirtschaftsjahres 2019/20 sein wird, dürfte insbesondere von der globalen Rapssaat und Pflanzenölnachfrage ab Januar 2020 abhängen. Bleibt die Pflanzenölnachfrage auf dem derzeitigen Niveau, wird Rapssaat gefragt bleiben. Sinkt die Pflanzenölimportnachfrage Asiens doch stärker als erwartet, dürfte das globale Ölsaaten- und auch Ölangebot- bis zum Anschluss an die neue Rapsernte auf der nördlichen Halbkugel ausreichen.

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