Hochwasser

Bange Blicke auf überschwemmte Felder

News vom 05.01.2024

Hochwasser AGRAVIS-Gebiet

Wetterkapriolen sind das täglich Brot der Landwirtinnen und Landwirte, die sich mit den Extremen auskennen. Doch die aktuelle, angespannte Hochwasser-Situation und die starken Regenfälle in Niedersachsen, dem Süden Sachsen-Anhalts und im Norden Thüringens zeigt inzwischen Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Betriebe im Arbeitsgebiet der AGRAVIS. Betroffen sind vor allem Felder und Flächen entlang der Weser, der Hase, der Hunte, der Aller, der Leine sowie der Ems. Die Überflutungen können bei allen Kulturpflanzen zu Ertragsverlusten führen. Besonders hart trifft es Standorte mit schwereren, generell zu Staunässe neigenden Bodenverhältnissen. In Mitleidenschaft genommen werden Winterkulturen wie Winterweizen, Wintergerste und teils auch Winterraps. Anhaltende Staunässe sorgt im Boden für Sauerstoffmangel, so dass Pflanzen sich nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgen können. Dies hemmt das Spross- und Wurzelwachstum und der Mangel führt zu Vergilbungen und beschleunigter Blattseneszenz. Der Witterungsverlauf im Frühjahr kann jedoch eine Regeneration der gestressten Pflanzen ermöglichen.

AGRAVIS Niedersachsen-Süd GmbH: Viele Felder sind verschlemmt

Im AGRAVIS-Arbeitsgebiet zeichnet sich ein unterschiedliches Bild ab. Rainer Widdel, Geschäftsführer der AGRAVIS Niedersachsen-Süd GmbH (ANS), fasst die Lage für das Gebiet der ANS zusammen: „Aufgrund des nassen Herbstes konnten bereits einige Flächen nach der Rübenernte nicht mit Winterweizen bestellt werden. Nun führten die extremen Niederschläge im Dezember in vielen Teilen unseres Arbeitsgebietes im Bereich der Flussläufe zu Überschwemmungen.“ Ob es die Saat in diesen Bereichen überlebe, bleibe abzuwarten, sei aber eher unwahrscheinlich, so Widdel weiter. „Viele Felder sind verschlemmt und die jungen Pflanzen kommen nur schwer gegen die Feuchtigkeit an.“ Nun sei der Blick nach vorn wichtig und vor allem die Fragen: Wann hört es auf zu regnen und gibt es Frost und sogar Schnee? „Zuspitzen könnte sich die Situation, wenn Kahlfröste kämen“, sagt Rainer Widdel. Befahrbar seien die Felder aktuell nicht, was vor Februar allerdings auch nicht nötig sei. Ob Felder umgebrochen und neu eingesät werden müssen, müssen die nächsten Tage und Wochen zeigen.

AGRAVIS Westfalen-Hessen GmbH: Dauerregen verlagert Arbeit ins Frühjahr

In weiten Teilen Ostwestfalens und Nordhessens hat der Dauerregen deutliche Spuren hinterlassen. „Die Getreide-Herbstaussaat ist aufgrund der schlechten Befahrbarkeit der Felder noch rund zur Hälfte ohne Herbizidbehandlung. Die Quote liegt derzeit erst bei 60 Prozent anstelle der zu dieser Zeit sonst üblichen fast 90 Prozent“, erläutert Stefan Bobbert, Pflanzenbauberater bei der AGRAVIS Westfalen-Hessen GmbH. Die Folge: „Im Frühjahr wird mehr Behandlung nötig sein, gerade beim Ackerfuchsschwanz, das könnte dann eine Herausforderung werden. Viel Arbeit drängt somit ins Frühjahr hinein.“ Überschwemmungen und gesättigte Böden beeinträchtigen auch das Wachstum der Pflanzen. Das könne zu einigen Teilumbrüchen im Frühjahr führen, so Bobbert.

In der Region sind rund 90 Prozent der Aussaat im Boden, der größte Teil konnte unter normalen Bedingungen ausgebracht werden. Ab dem 20. Oktober gab es jedoch erschwerte Bedingungen. Wegen der starken Nässe war meistens ein Pflugeinsatz nötig, um noch ein ansprechendes Saatbeet zu schaffen. Nach diesen späten Aussaaten unter mäßigen Bedingungen regnete es sehr. „Die Schäden sind zurzeit nicht abschätzbar. Allerdings sehen die frühen Saaten gut aus und haben sich stark entwickelt. Stärker beeinträchtigt sind die Spätaussaaten. Wenn nach diesen großen Niederschlägen noch stärkere Fröste dazukommen, kann das zu größeren Ausfällen und Umbrüchen im Frühjahr führen. Die wahren Auswirkungen werden erst im März/April sichtbar“, hält Stefan Bobbert fest.

Aufgrund der aktuellen Situation ist die Nachfrage nach Sommergetreidesaatgut rund dreimal so hoch wie in den Vorjahren. „Saatgut ist verfügbar und alle Fruchtwünsche sind erfüllbar. Jedoch können wir nicht auf alle Sortenwünsche eingehen. Bei speziellen Anfragen raten wir zur rechtzeitigen Kontaktaufnahme und Bestellung“, erläutert Stefan Bobbert.

Generell rät der Fachmann derzeit dazu, Ruhe zu bewahren und Flächen erst dann zu bearbeiten, wenn sie ausreichend abgetrocknet sind: „Ob die Felder befahrbar sind, ist momentan nicht entscheidend. Im Frühjahr trocknen sie nach dem Regen meist schnell ab. Dennoch wird es bekannte, kritische Flächen geben, auf denen Landwirtinnen und Landwirte lange nicht fahren können. Dort kann organischer Dünger oft erst sehr spät ausgebracht werden. Auch die Aussaat wird dort etwas später stattfinden. Landwirtschaftliche Betrieb sollten auf eine spätere Saat setzen, wie beispielsweise Sommergerste, die bis weit in den April gedrillt werden kann.

AGRAVIS Ems-Jade GmbH: Erhöhte Saatgutnachfrage ist gut belieferbar

Die Lage im Geschäftsgebiet der AGRAVIS Ems-Jade schildert Getreidehändler Hilko Kroon: „In der Region Ostfriesland und Friesland haben die Landwirtinnen und Landwirte ihr Wintergetreide im Herbst überwiegend ausgesät. Die Quote liegt im Vergleich zum Vorjahr bei 75 Prozent. Wegen des einsetzenden Regens konnte jedoch nicht mehr jede Fläche ausreichend behandelt werden. Wir rechnen damit, dass einige dieser Flächen aufgrund der Witterung neu mit Sommergetreide bestellt werden müssen.“ Aufkommende Fröste können das Bild nochmal verschlechtern, da das Getreide weiterhin im Wasser steht, so Kroon. „Wir gehen daher von einer mengenmäßig deutlich geringer ausfallenden Ernte 2024 aus.“ Die derzeit erhöhte Nachfrage nach Saatgut kann die AGRAVIS Ems Jade GmbH gut bedienen. „Momentan können die Landwirtinnen und Landwirte ihre Felder meist nicht befahren. Dies würde sich bei länger ausbleibendem Regen allerdings wieder stark verbessern. „In unserem Gebiet stehen die Felder lange nicht so schlimm unter Wasser, wie zum Beispiel im Raum Oldenburg oder Bremen“, hält Kroon fest.

Hochwasser AGRAVIS-Gebiet

AGRAVIS Kornhaus Westfalen-Süd GmbH: Böden sind stark gesättigt

Ein ähnliches Bild zeichnet Frederik Fischer-Neuhoff von der AGRAVIS Kornhaus Westfalen-Süd GmbH mit Blick in die Arbeitsgebiete. In der Region Kamen, Dortmund und Fröndenberg haben die starken Niederschläge ebenfalls dazu geführt, dass die Böden schlecht bis nicht befahren werden können. „Die Böden sind gesättigt und großflächig stehen die Bestände im Wasser“, so Fischer-Neuhoff. Das Wintergetreide wurde nicht wie gewohnt, aber dennoch in großen Teilen ausgesät und rund 85 Prozent der geplanten Flächen wurden bestellt. Konkrete Schäden sind noch nicht absehbar, aber bereits großflächig erkennbar, so der Fachmann.

Dadurch bedingt wird Sommergetreide stärker nachgefragt. Dort wo es möglich ist, tendiert die Nachfrage zu Mais. Die Felder sind auch in dieser Region verdichtet und können nicht befahren werden. „Wir verzeichneten ungewohnt hohe Regenmengen von bis zu 1.200 Litern. Schwere Böden zeigten sich dennoch ungewohnt länger befahrbar als leichte Böden“, berichtet Fischer Neuhoff.

In den Regionen Sachsenhausen und Korbach säten die Betriebe ihren Weizen noch weitestgehend aus. „Erkennbar ist, dass dort höchstens fünf Prozent der vorgesehenen Weizenfläche gedrillt wurde. Die dortigen Bestände sehen bis jetzt gut aus. Probleme könnte jedoch der Ackerfuchsschwanz machen, weil viele Weizenflächen kein Herbizid mehr gesehen haben. Auch die Gerste hielt sich bis vor drei Wochen gut, wird jetzt aber zunehmend gelb. Ähnlich ergeht es dem Raps. Dieser legte auf verdichteten Flächen inzwischen nicht mehr zu“, meint der AGRAVIS-Experte.

Die Regionen Warburg und Brakel verzeichnen stark wassergesättigte Böden mit verschlämmten Spätsaaten, die von späten Herbizidmaßnahmen deutlich gezeichnet sind. 95 Prozent des Wintergetreides ist im Boden. Wie die Flächen sich entwickeln und durch den Winter kommen, bleibt abzuwarten. Bei erwartbar schlechten Getreidepreisen wird vermehrt Biogasmais angebaut. Auch in dieser Region sind die Flächen nicht befahrbar.

Auch die AGRAVIS Kornhaus Westfalen-Süd GmbH verzeichnet eine höhere Nachfrage nach Sommergetreide, um geschädigte Spätsaaten zu ersetzen und vereinzelte Freiflächen noch zu bestellen. Ob Getreide oder Mais gesät wird, entscheidet sich im Frühjahr. „Was einzelne Landwirtinnen und Landwirte jetzt weiter planen, hängt von der Witterung ab“, so Fischer-Neuhoff. Die Normalsaaten sehen momentan noch gut aus.

Äcker und Grünland stehen auch in der Region um Grevenbrück, Sundern und Iserlohn voller Wasser. Die Felder stehen jedoch gut, da nichts weggeschwemmt wurde, sind aber nicht befahrbar. Die Landwirtschaft blickt auch hier auf die Kälte zum Wochenende. Hingegen ist das Ruhrtal von Überschwemmung betroffen, hier wurde Winterweizen zuvor zu 90 Prozent gesät.

AGRAVIS-Fachleute halten engen Kontakt zu Landwirtinnen und Landwirten

Die AGRAVIS-Mitarbeitenden stehen überall in engem Kontakt mit den Landwirtinnen und Landwirten, führen Gespräche und schlagen je nach Situation individuelle pflanzenbauliche Lösungen vor, um zu retten, was noch zu retten ist. Trotz der Ausnahmesituation besteht noch Hoffnung, denn die Pflanzen haben hohes Regenerationspotenzial.

AGRAVIS-Fachleute empfehlen, mit den anstehenden Wechselfrösten in der nächsten und übernächsten Woche – wenn möglich – weiterhin eine Aussaat von Winterweizen mit erhöhten Saatstärken von 450 bis 500 keimfähigen Körner pro Quadratmeter bis zum 20. Januar vorzunehmen.

Da nicht alle Flächen, auf denen Wintergetreide geplant war, auch damit bestellt wurden, rechnen AGRAVIS-Fachleute mit einem höheren Bedarf an Saatgut für Sommerungen. Die Situation variiert regional, und eine Prognose für die Staunässe-geplagten Flächen ist aktuell schwierig. Als Alternative kommen auf den Ackerstandorten dann insbesondere Sommergetreide, Leguminosen und Mais in Frage.

Das Ernteniveau bei Sommer-Saatgetreide ist in Summe hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Eine ähnliche Situation finden wir auch bei der Ackerbohne vor. Die Körnererbsen-Vermehrungen zeigten ein durchschnittliches Niveau. Hinsichtlich der Verfügbarkeit und der Anbaubedeutung dieser Arten in 2024 wird die Befahrbarkeit der Flächen im Frühjahr die entscheidende Rolle spielen.

Aufgrund des späteren Aussaattermins ist Mais die Alternative unter nassen Frühjahrsbedingungen. Die Verfügbarkeit von Saatgut ist nach heutigem Stand als gesichert zu betrachten. Mit Blick auf die geforderte Anbaudiversifizierung kann auf Mischungen zurückgegriffen werden, z.B. Mais mit Stangenbohne.

Maßnahmen für geschädigte Felder

Die Bodenstruktur der Flächen, die dauerhaft unter Wasser stehen, leiden oftmals, da auch ein großer Teil des Bodenlebens unter Luftabschluss geschädigt wird und sich erst wieder neu aufbauen muss. Hier können Meliorationsmaßnahmen helfen, wie beispielsweise

• Drainagen spülen oder neu verlegen

• Gräben mähen und reinigen

• Kalkung und Dauerbegrünung (Anbau von Zwischenfruchtmischungen wie Circonium, Untersaaten).

Auf schweren Standorten zeigen zudem Schnecken erhöhte Präsenz und Fraß.

Tipp: Die Böden sind wegen des anstehenden Bodenfrostes wahrscheinlich besser befahrbar. Dieses Zeitfenster sollten landwirtschaftliche Betriebe nutzten, um die Böden in der obersten Krumenschicht mit Kalium, Magnesium und auch Calcium aufzufüllen. Das verbessert die Startbedingungen der Winterkulturen, indem die Wurzelentwicklung und die Bodenstruktur positiv beeinflusst werden. Daraus resultiert wiederum die Förderung der vegetativen Entwicklung, d.h. der Bestockung und der Seitentriebausbildung, in Getreide und Raps.

Nasser Herbst beeinträchtigt auch das Grünland

Der nasse Herbst 2023 verschonte auch das Grünland nicht: Diese Standorte leiden momentan unter Überschwemmung und Staunässe. Wegen der Nässe wurden ab Mitte Oktober geplante Pflegeschnitte wegen mangelnder Befahrbarkeit nicht mehr durchgeführt. Hier raten die AGRAVIS-Fachleute, nach Möglichkeit bald einen Schröpfschnitt mit Abfuhr des überständigen Pflanzenmaterials vorzunehmen und dann nachzusäen. Damit kann die Qualität der Folgeaufwüchse gesichert werden.

Grundwasserstände haben sich erholt

Trotz der vielen Herausforderung wirken sich die hohen Regenmengen auch positiv aus: Die Grundwasserstände, die im AGRAVIS-Arbeitsgebiet von der niederländischen bis polnischen Grenze über die vergangenen fünf Jahren abnahmen, sind inzwischen wieder aufgefüllt.

Zurück zur News-Übersicht

Standortdaten ändern

Bestimmen Sie hier Ihren Standort. Tragen Sie hierfür lediglich Ihre PLZ sowie die Straße ein.