Am 23. März 2023 berichtet die AGRAVIS über die wichtigsten Kennzahlen zum Geschäftsjahr 2022, die besonderen Rahmenbedingungen sowie die weitere strategische Ausrichtung.
Jahresbilanz 2021
Die AGRAVIS berichtete über die Jahresbilanz 2021 – wegen der Corona-Pandemie ohne Präsenzveranstaltung. Dabei stellte das Unternehmen aktuelle Geschäftszahlen vor und gab eine Einschätzung zu den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine für den Agrarhandel.
Der AGRAVIS-Vorstandsvorsitzende Dr. Dirk Köckler (Mitte) sowie die Vorstandsmitglieder Jörg Sudhoff (re.) und Hermann Hesseler stellten wesentliche Kennzahlen zum AGRAVIS-Geschäftsjahr 2021 vor.
„Die AGRAVIS hat das zurückliegende Geschäftsjahr respektabel abgeschlossen.“ So fasste Finanzvorstand Hermann Hesseler die Geschäftsentwicklung des Agrarhandels- und Dienstleistungsunternehmens im Jahr 2021 zusammen. Vor allem aufgrund eines deutlich gestiegenen Preisniveaus für Agrarerzeugnisse, Mischfutter und Energie, Dünger und Pflanzenschutz sowie hinzugewonnener Marktanteile erwirtschaftete die AGRAVIS einen Konzernumsatz von 7,3 Mrd. Euro, rund 14 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Auch auf der Ertragsseite ging der Trend nach oben: Das Ergebnis erhöhte sich laut vorläufigem Jahresabschluss von 30,5 auf 33,2 Mio. Euro. Die Eigenkapitaldecke ist ebenfalls weiter angewachsen – auf 594 Mio. Euro. Hier wirkte sich die Ausgabe von zusätzlichen Genussscheinen im Herbst 2021 positiv aus. Um die eigene Marktposition zu festigen und Prozesse weiter zu optimieren, hat die AGRAVIS ihr Investitionsvolumen gegenüber Vorjahr auf 53,6 Mio. Euro nochmals erhöht. Ein erheblicher Teil davon floss in digitale Projekte. Die Zahl der Mitarbeitenden ist mit 6.379 zum Jahresende praktisch konstant geblieben.
Die AGRAVIS setzt ihren Kurs konsequent um „Diese Zahlen zeigen, dass die AGRAVIS ihren Kurs konsequent umsetzt“, sagte der Vorstandsvorsitzende Dr. Dirk Köckler in der Bilanz-Pressekonferenz der AGRAVIS. „Wir haben die Herausforderungen angenommen und in Kundenlösungen umgesetzt – insgesamt sehen wir die AGRAVIS solide auf dem eingeschlagenen Weg vorankommen.“ Damit sei auch ein klar formuliertes Ziel erneut sichergestellt: „AGRAVIS muss und wird dauerhaft in der Lage sein, Gewinne zu generieren und ihren Aktionärinnen und Aktionären eine Dividende auf ihre Anteile zu zahlen. Das ist in diesem Jahr wieder der Fall.“ Über die exakte Höhe entscheidet unsere Hauptversammlung am 11. Mai. Sie wird abermals digital durchgeführt.
Ein „turbulentes Geschäftsjahr“ Angesichts der enormen Preisvolatilitäten, massiv gestörter Lieferketten in vielen Bereichen sowie hoher Logistikkosten aufgrund knappen und teuren Frachtraums sprach Dr. Dirk Köckler von einem „wahrlich turbulenten Geschäftsjahr“. Corona, Afrikanische Schweinepest sowie die politische und gesellschaftliche Diskussion um die Ausgestaltung der Landwirtschaft ließ Köckler dabei nicht unerwähnt. „Wir stellen uns dieser Situation mit Demut und Respekt. Sie erfordert eine enorme Kostendisziplin und beschleunigt die Straffung von Strukturen und Prozessen – bei gleichzeitiger konsequenter Ausrichtung auf die Bedarfe unserer Kundinnen und Kunden“, so Köckler. Gemeinsam mit den regionalen Raiffeisen-Genossenschaften habe die AGRAVIS „die Power und das Know-how, um der starke Partner für die Landwirtschaft zu sein. Das ist unser Kerngeschäft. Darauf konzentrieren wir uns.“ Der Vorstandsvorsitzende nannte eine Reihe von Projekten, mit denen der genossenschaftliche Verbundgedanke zuletzt weiter ausgebaut wurde:
im Mischfuttergeschäft durch Einbindung der Raisa eG in den Gesellschafterkreis der Genossenschafts-Kraftfutterwerke GmbH in Braunschweig bzw. Bremerhaven sowie durch Gründung der Raiffeisen Transport Gesellschaft in der Region Ostwestfalen
in der Stückgut-Logistik durch Planung eines genossenschaftlichen Distributionszentrums in Nottuln,
im Agrarhandel, wo die Konzerngesellschaft AGRAVIS Niedersachsen-Süd GmbH das Warengeschäft der Raiffeisen Warenhandel GmbH in Rosdorf weiterführt.
AGRAVIS Ost erfolgreich am Markt tätig Um effiziente Strukturen als Basis für mehr Geschäft ging es auch bei der AGRAVIS Ost. Die neue Gesellschaft – entstanden aus drei wirtschaftlich eigenverantwortlichen Einheiten – ist jetzt seit gut einem Jahr erfolgreich am Markt tätig: mit konsequenter Kundennähe und noch schlankeren, schnelleren internen Prozessen, die die Mitarbeitenden entlasten und ihnen zusätzliche Zeitfenster für das Kundengeschäft eröffnen.
Brückenbauer und Digitalisierungstreiber Mit Blick nach vorn fülle die AGRAVIS gern weiter proaktiv ihre Rolle als Brückenbauer und Digitalisierungstreiber aus. Die digitale Transformation gelte es kundenfokussiert und mit Augenmaß umzusetzen. „Wir sehen in der Digitalisierung die Chance und einen Auftrag an uns selbst, im genossenschaftlichen Verbund passgenaue digitale Bausteine für unsere Kunden zu etablieren“, unterstrich Dr. Dirk Köckler. Er gab gegenüber den Journalistinnen und Journalisten zudem ein klares Bekenntnis zur nachhaltigen Landwirtschaft ab. „Wir leben Nachhaltigkeit aktiv – und zwar nicht weil Politik und Gesellschaft hier Druck ausüben, sondern aus Überzeugung. Ein Fokus unserer Nachhaltigkeitsaktivitäten liegt auf umsetzbaren und markttauglichen, ganzheitlichen Konzepten.“ Als Innovationstreiber werde die AGRAVIS gemeinsam mit der Landwirtschaft Pflanzenbau und Tierhaltungssysteme nachhaltig weiterentwickeln. „Unser Ziel: Weniger Emissionen und mehr Ertrag, getrieben durch Innovationen und digitale Technologien.“ Parallel treibe die AGRAVIS die Energieeffizienz im eigenen Unternehmen voran.
AGRAVIS plant das Jahr 2022 konservativ Angesichts der „Zeitenwende“ durch den Ukraine-Krieg und den damit verbundenen historischen Marktverwerfungen und vor dem Hintergrund der übrigen Herausforderungen hat die AGRAVIS das Jahr 2022 konservativ geplant. „Beim Umsatz gehen wir in 2022 von 6,8 Mrd. Euro aus und beim Ergebnis vor Steuern streben wir mit 31,1 Mio. Euro einen Wert an, der mit der gegenüber 2021 leicht reduzierten Umsatzerwartung korrespondiert“, blickte Dr. Dirk Köckler realistisch auf die kommenden Monate voraus. Die Investitionssumme soll 50,8 Mio. Euro erreichen, das Eigenkapital auf 613 Mio. Euro ansteigen.
Der Spartenumsatz stieg gegenüber dem Vorjahr um 14,6 Prozent auf rund 2,7 Mrd. Euro (Vorjahr: rund 2,4 Mrd. Euro).
Pflanzenschutz: höherer Einsatz von Wachstumsreglern und Fungiziden; starke Nachfrage nach Herbiziden für Winterraps und Getreide im Herbstgeschäft; Schwerpunktprodukte stark nachgefragt; Umsatz bei Folien, Netzen, Garnen deutlich über Vorjahr.
Düngemittel: Umsatzsteigerung durch starken Preisanstieg; erhöhte Nachfrage im Frühjahr; ausgeprägte Kaufzurückhaltung für die Einlagerungen zur Saison 2022. Vor allem bei den Stickstoffdüngern, insbesondere beim Kalkammonsalpeter (KAS) war der Rückgang im Vorjahr groß.
Saatgut: Rückgang bei Grassaaten, Anstieg bei Saatgetreide und Zwischenfruchtmischungen sowie Rapssaatgut; Schwerpunktsorten ebenfalls im Plus.
Agrarerzeugnisse: deutlicher Preisanstieg bei Agrargütern durch enge Versorgungsmärkte und starke Importnachfrage Chinas; logistische Herausforderungen aufgrund knappen Frachtraums im zweiten Halbjahr; Fokus auf der Versorgung der AGRAVIS-eigenen und genossenschaftlichen Futtermittelwerke sowie von Mühlen und Industrie.
Mischfutter: weitgehend stabile Mengenentwicklung bei Rind, Schwein und Geflügel; Tonnage 2021 in konzerneigenen Werken unverändert bei 3,2 Mio. Tonnen.
Spezialfutter: Anstieg bei Pferdefutter und Heimtierfutter; Milchaustauscher im Plus; starker Export beim Mineralfutter.
Futtermittel-Spezialprodukte: Umsätze bei Handelsware auf hohem Niveau; stark eingeschränkte Warenverfügbarkeit durch Logistik-Engpässe.
Tiergesundheit: deutliche Umsatzsteigerung; Rohstoffengpässe und fehlende Produktverfügbarkeiten machten sich jedoch auch hier bemerkbar.
Agrar Landwirtschaft Die Sparte Agrar Landwirtschaft umfasst die Geschäftstätigkeit der AGRAVIS Ost-Gesellschaften sowie der regionalen Agrarzentren im Arbeitsgebiet Mitte-West der AGRAVIS, die in der AGRAVIS Agrarholding GmbH zusammengefasst sind. Spartenumsatz bei knapp 2,2 Mrd. Euro, auch hier ein deutlicher Anstieg gegenüber Vorjahr (1,8 Mrd. Mrd. Euro).
Handelsvolumen an Getreide und Ölsaaten: 7 Mio. Tonnen.
Marktanteile in fast allen Bereichen stabilisiert.
Strukturstraffung in der Agrar-Holding: Landwirtschaftliche Warengeschäft der Raiffeisen Warenhandel GmbH in Rosdorf führt seit dem Jahreswechsel die AGRAVIS Niedersachsen-Süd GmbH weiter. Das VR Agrarcenter Wittelsbacher Land GmbH in Bayern ging zum gleichen Zeitpunkt an eine Raiffeisen-Genossenschaft in der Region.
Technik Die AGRAVIS Technik-Gruppe hat das Umsatzniveau des starken Vorjahres stabilisiert. Umsatz ging aufgrund von Änderungen bei Umsatzsteuergesetzgebung marginal um 0,2 Prozent auf 987 Mio. Euro zurück (Vorjahr: 989 Mio. Euro).
Im Neumaschinengeschäft erhebliche Lieferschwierigkeiten.
Werkstattauslastung weiterhin sehr hoch.
Ersatzteilgeschäft – online wie auch stationär – über Vorjahresniveau.
Stärkung der Newtec-Gruppe durch Einbindung der ehemaligen NH Agrartechnik-Standorte Sieversdorf und Schönebeck sowie den Mehrheitserwerb an der Handelshof Bismark GmbH.
Technik Center Alpen GmbH übernahm Partnerhändler Schmitz in Geilenkirchen.
AGRAVIS Technik Polska eröffnete zweiten Standort in Karlino.
Märkte Der Spartenumsatz erhöhte sich um 1,5 Prozent auf 336 Mio. Euro (Vorjahr: 331 Mio. Euro).
Wachstumskurs fortgesetzt – trotz historischer Engpässe bei der Warenversorgung.
Verkauf mehrerer Baustoffhandlungen in 2020 beim Umsatz kompensiert.
Haupttreiber waren der Großhandel sowie das starke Endkundengeschäft in der Konzerngesellschaft AGRAVIS Raiffeisen-Markt GmbH und in den Märkten der Terres-Kooperation.
Onlineshop „raiffeisenmarkt.de“ legte beim Umsatz kräftig zu.
Energie Preisbedingt ist der Umsatz in der Sparte Energie von 842 Mio. Euro in 2020 auf 988 Mio. Euro angestiegen. Zuwachs von 17,3 Prozent.
Bei den Brenn- und Kraftstoffen fehlten vor allem in den ersten Monaten aufgrund des Lockdowns, CO2-Bepreisung und der Rücknahme der Mehrwertsteuersenkung Absatzmengen.
AdBlue-Geschäft aufgrund von Erdgas-Verteuerung besonders fordernd.
Tankstellen-Projektgeschäft entwickelte sich weiter positiv.
Transformation im Energiemarkt: Vier Tankpunkte für LNG mit Partnern in Betrieb genommen.
Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine sind für den Agrarhandel aus Sicht der AGRAVIS Raiffeisen AG aktuell beherrschbar. „Aufgrund abgeschlossener Kontrakte und Vorverkäufe mit der Industrie und der Landwirtschaft ist die Versorgung mit Betriebsmitteln für die nächsten Monate sichergestellt“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der AGRAVIS Raiffeisen AG, Dr. Dirk Köckler. Stark steigende Preise, knappe Kapazitäten und volatile Marktverläufe machten die aktuelle Situation maximal herausfordernd. Aber: „AGRAVIS hat als systemrelevantes Unternehmen einen Versorgungs- und Lieferauftrag. Dem kommen wir aktuell uneingeschränkt nach.“
Preishausse wird zunächst anhalten Aus wirtschaftlicher Sicht fordernd seien zweifellos die Preisausschläge bei Agrarrohstoffen und Energie. Auch andere Betriebsmittel wie Dünger und Pflanzenschutz verteuerten sich weiter stark. Die schon vor dem Krieg einsetzende Preishausse werde zunächst anhalten, sodass sich die Verbraucherinnen und Verbraucher auf weiter steigende Preise einstellen müssten.
Konzentration auf Versorgung der eigenen und der genossenschaftlichen Futtermittelwerke Beim Handel mit Agrarerzeugnissen konzentriere sich die AGRAVIS auf die Versorgung der eigenen und der genossenschaftlichen Futtermittelwerke mit Rohware sowie auf die Versorgung von Mühlen und Industrie. Die Rohwarenausstattung der Werke sei im Verbund mit der eigenen Erfassung gesichert. Viele Rohwaren in der Mischfutterproduktion seien sogenannte Nebenprodukte wie Raps- und Sonnenblumenschrot oder auch Futtergetreide, das nicht für die Lebensmittelproduktion eingesetzt werde. Bei Zukaufsprodukten wie Mineralstoffen oder Aminosäuren hänge die Versorgung von den überwiegend chinesischen Herstellern ab.
Rapsöl als Ersatz für Sonnenblumenöl einsetzen Den wegbrechenden Einfuhren von Sonnenblumenöl aus der Ukraine könne mit Rapsöl begegnet werden. Dies müsste dann allerdings auf Kosten der Biodieselproduktion erfolgen und werde sicherlich die „Tank-Teller-Diskussion“ neu beleben, so Dr. Köckler weiter.
Logistik durch steigende Energiekosten belastet Die Logistik im Agrarhandelsbereich werde ebenfalls durch die stark steigenden Energiekosten belastet, die Infrastruktur an sich sei trotz knapper Frachträume aktuell jedoch weitgehend intakt. Der rechtliche Rahmen zur Lenkzeitregelung, zum Beispiel die Aufhebung des Sonntagsfahrverbots für Lkw, sei in Abhängigkeit vom weiteren Verlauf der Krise zu prüfen. „Wir brauchen Frachtraum und Frachtkapazitäten, um die Waren transportieren zu können“, so Köckler weiter.
Sicherstellung von Ernährung und Energie haben Vorrang Bei der politischen Bewertung und den erforderlichen Entscheidungen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen des Krieges müsse manches zurückgestellt werden, um der Sicherstellung von Ernährung und Energie Vorrang einzuräumen. Trotzdem gelte auch weiterhin, so der AGRAVIS-Chef: „Der Klimawandel ist eine globale Bedrohung.“ Die Transformation der Landwirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz bei einem gleichzeitigen fairen Interessenausgleich zwischen Ökonomie und Ökologie sei daher nicht infrage zu stellen.
Risikomanagement aufgrund des Krieges neu angepasst Die AGRAVIS hat ihr Risikomanagement aufgrund des Krieges nochmals angepasst und bewertet die Situation regelmäßig neu. „Wir bewegen uns weiterhin im stabilen Korridor der bestehenden Finanzierung“, unterstrich der AGRAVIS-Vorstandsvorsitzende mit Blick auf die Liquidität. Zusammenfassend erklärte Dr. Dirk Köckler: „Der Krieg in der Ukraine hat auf den Agrarmärkten für eine Zeitenwende gesorgt. Wir werden uns auf eine Phase der Knappheit, in Teilen des Mangels von Produkten einstellen müssen. In einer solch komplexen, schwierigen Situation können wir als AGRAVIS aber auch zeigen, was wir können.“
„Unser Mitgefühl ist bei den vom Krieg betroffenen Menschen und deren Familien.“ Ungeachtet der wirtschaftlichen Folgen äußerte er angesichts der humanitären Katastrophe im Kriegsgebiet seine Erschütterung: „Unser Mitgefühl ist bei den vom Krieg betroffenen Menschen und deren Familien.“ Europa stehe für Frieden – und der müsse schnellstmöglich wiederhergestellt werden.