Chilla checkt!

Globaler Ölsaatenmarkt 20/2021

Unser Experte Bernhard Chilla analysiert in seiner aktuellen Kolumne die Chancen und Risiken für den globalen Ölsaatenmarkt 2020/21.

22.12.2020

„Die chinesische Nachfrage und die Neubelebung der US-Biodieselpolitik in den USA sind die entscheidenden Einflussfaktoren im Wirtschaftsjahr 2020/21 – davon profitiert auch indirekt der deutsche Raps.“

  • Bis zum Wirtschaftsjahr 2018/19 konnte weltweit ein starker Aufbau der globalen Ölsaatenbestände beobachtet werden. Doch sinkende Ernten in Nordamerika, Einbrüche der Rapserträge in der EU und gleichzeitig ein Anstieg der Nachfrage in China und aus dem Biokraftstoffbereich in den USA, Brasilien oder Südostasien lassen die globalen Endbestände seitdem stark sinken.
  • Der Hunger Chinas nach Sojabohnen 2020/21 ist riesig. Die Inlandsnachfrage nach Sojaschrot wächst mit den steigenden Tierbeständen. Die Nachfrage nach Sojaöl ist hoch durch das knappe Angebot von Palmöl. China ist in diesem Wirtschaftsjahr aber nicht nur ein großer Importeur von Sojabohnen, auch die Nachfrage nach Sonnenblumenöl und Rapsöl stieg zuletzt stark an.
  • In den USA wird ein kräftiger Abbau der Endbestände 2020/21 von Sojabohnen erwartet. Nicht nur durch die chinesische Nachfrage, sondern auch durch die Erwartung eines signifikanten Anstiegs der US-Biodieselproduktion dürften die US-Endbestände 2020/21 so niedrig werden wie zuletzt im Wirtschaftsjahr 2014/15.
  • Die Ausweitung der Streiks in Argentinien im Dezember 2020 in den Exporthäfen bzw. Verarbeitungsanlage verhindern eine Erholung der Ölsaatenverarbeitung. Zudem sind die Landwirte nur verhaltende Verkäufer ihrer geernteten Sojabohnen. Das verknappt das Angebot an Sojaöl und Sojaschrot kurzzeitig – doch die Bestände in Argentinien sind vorhanden.
  • In Brasilien muss 2020/21 eine sehr gute Sojabohnenernte eingefahren werden. Die Wachstumsaussichten haben sich zuletzt stark verbessert nach einem sehr schwachen Start für die Sojabohnen. Wenn in Brasilien ab Februar 2021 geerntet wird, dürfte sich das globale Angebot immerhin kurzzeitig stark erhöhen.
  • Dieses Marktumfeld stützt die Rapssaatpreise. Die EU-Rapsproduktion konnte sich im Vergleich zu den Vorjahren auch nicht verbessern, die Nachfrage nach Rapssaat ist trotz Nachfragerückganges der EU-Biodieselindustrie im Kalenderjahr 2020 stabil. Wieder sind Rekordeinfuhren in der EU nötig, um die Nachfrage zu decken. Doch in diesem Jahr kommen die Importe wieder verstärkt aus Australien - dort wurde - anders als in der EU oder Kanada - fast eine neue Rekordernte eingefahren.
  • Harte Restriktionen durch Regierungen aufgrund der Corona Pandemie könnten jedoch dazu führen, dass sich die Erholung der globalen Nachfrage verlangsamt.

In den vergangenen drei Jahren war das globale Bild von einer knappen Rapssaatversorgung in der EU geprägt, während gleichzeitig eine sehr gute Angebotslage für Sojabohnen, Sonnenblumensaat und zeitweise Palmöl beobachtet werden konnte.

Vor zwei Jahren: Knappe Rapsversorgungsbilanzen in der EU, aber weit ausreichend Versorgungslagen für Sojabohnen und Raps

Die globale Nachfrage stagnierte, da China wegen des ASP-Ausbruchs weniger Sojabohnen als gewohnt importierte. Auch Nachfrage nach Raps fiel geringer als üblich aus. Es hatte den Eindruck, dass weltweit keine neuen, hohen Wachstumsraten nach Ölsaaten zu erwarten waren. Der Handelsstreit der USA mit China belastete zusätzlich die Ölsaatenmärkte. Die globale Nachfrage war einfach nicht hoch genug, um das Angebot übertreffen.

Doch drei Faktoren veränderten diese Ausgangslage seit dem vergangenen Wirtschaftsjahr enorm. Die US-Landwirte entschlossen sich als Folge des Handelsstreites der UDA mit China, den Anbau von Sojabohnen nach dem Preisverfall vor zwei Jahren stark einzuschränken. Der Anbau fiel im Jahr 2019 auf ein Sechs-Jahrestief. Zusätzlich ließen wetterbedingte Ertragsausfälle in den USA die Endbestände 2019/20 stark fallen.

Hoher Bedarf Chinas nach Ölsaaten lässt die globalen Sojabohnenbestände 2020/21 kräftig sinken

Unterdessen schob sich schließlich der zweite Einflussfaktor für die steigenden Sojabohnenkurse in den Vordergrund. Die globale Nachfrage wächst in Nordafrika und anderen anderen asiatischen Ländern neben China stark an. Durch den wachsenden Fleischkonsum wurden mehr Sojabohnen bzw. Sojaschrot angefragt. In Ägypten beispielsweise ist eine Verarbeitungsindustrie mit Sojabohnen innerhalb von wenigen Jahren aufgebaut worden. So ist Ägypten mittlerweile der fünftgrößte Importeur der Welt. In China erholten sich die Schweinebestände nach dem starken Rückgang - ausgelöst durch die Afrikanische Schweinepest - schneller als erwartet. Die Schweinebestände sollen bis Ende 2020 80-90 Prozent des Niveaus von vor dem ASP-Ausbruch erreicht haben. Neue Fütterungsmethoden sollten die Nachfrage nach Rohstoffen zusätzlich unterstützen, da nun weniger Essenreste verfüttert werden. Nun soll in China eine sogenannte Positivliste existieren, die vorschreibt, was in der Schweinemast verfüttert werden darf.

Biodieselproduktion kann in den Folgejahren ein großer Wachtsumsmarkt in den USA werden

Die dritte wichtige Einflussfaktor dürfte die Nachfrageentwicklung nach Biodiesel der USA werden. Dort steht mit dem Regierungswechsel ein weiterer Umbruch zugunsten einer Erhöhung der Biodieselmandate bevor. Diese zusätzliche Förderung steht zwar noch nicht fest, dennoch haben viele US-amerikanischen Unternehmen in den vergangenen Monaten in neue Produktionskapazitäten von Biodiesel (genauer HVIO Diesel) investiert. Diese zusätzlichen Anlagen dürften zumindest kurzfristig die Pflanzenölnachfrage in den USA weiter stützen.

Die globale Nachfrage wächst nun stärker als das Angebot. Daher sind jetzt sehr gute Ernten nötig, um eine Verbesserung der globalen Versorgungslage herbeizuführen. Somit wird wichtig werden, wie sich das Angebot auf der Südhalbkugel in den kommenden zwei Monaten entwickeln wird. In Brasilien soll die Anbaufläche im Vergleich zu der diesjährigen Ernte weiter steigen. Doch die Aussaat der Sojabohnen war durch eine lang anhaltende Trockenheit erheblich verzögert. Doch guter Niederschlag zuletzt dürfte die Sorgen vor einer unterdurchschnittlichen Produktion reduziert haben. Die Ernte 2020/21 in Brasilien dürfte ein neues Rekordniveau erreichen. Ganz anders ist aber die Ausgangslage in Argentinien.

La-Niña-Wetterlage und Streiks in Argentinien führen zu Sorgen über ein zu geringeres Angebot in Südamerika

Über Argentinien schweben derzeit zwei dunklere Wolken. Einerseits die La-Niña-Wetterlage, die normalerweise zu keinen überdurchschnittlichen Wachstumsbedingungen führt. Lokale Marktbeobachter erwarten jetzt schon, dass die Produktion 2020/2021 unter der Vorjahreserzeugung liegen kann. Ähnlich ist auch die Ausgangslage in Paraguay. Auch dort könnte eine La-Niña-Wetterlage zu Ertragseinbußen führen. Somit sollte sich das Angebot 2020/21 aus Südamerika im Vergleich zum Vorjahr nicht verbessern.

Doch über Argentinien schwebt noch eine weitere dunkle Wolke, die die globalen Sojabohnenmärkte im Dezember 2020 stark beeinflusst. Zwar liegen bei den Landwirten immer noch hohe Vorräte an Sojabohnen aus den vergangenen beiden guten Ernten. Doch die unsichere politische Lage führt dazu, dass Landwirte die Sojabohnen als Inflationsschutz nutzen und daher nur verhalten verkaufen. Gleichzeitig streiken nun Arbeiter in den Ölsaaten-Verarbeitungsanlagen und in den Exporthäfen. Weitaus weniger Sojabohnen bzw. die Koppelprodukte Sojaöl und Sojaschrot als erwartet konnten zuletzt ausgeführt werden und verknappen zurzeit das globale Angebot.

Diese Marktumfeld stützte ebenfalls den Rapsmarkt in der EU. Wie schon in den Vorjahren wurde wieder einmal eine schwache Rapsproduktion eingefahren. Große Verluste waren in diesem Jahr in Frankreich, England oder Rumänien zu verzeichnen. Die Erträge in Deutschland, Polen und den baltischen Staaten hingegen waren gut bis sehr gut.

Wieder eine knappe EU-Rapsversorgung

Doch die EU-Rapsproduktion konnte das schwache Niveau aus dem Jahr 2019 nicht übertreffen. Wieder sind Rekordeinfuhren der EU nötig. Kanada war über einen langen Zeitraum der wichtigste Lieferant von Rapssaat, da aus der Ukraine und Australien weniger Raps zur Verfügung stand als in den Vorjahren. In Kanada jedoch dürfte in den kommenden Monaten weitaus weniger Raps exportiert werden, da dort der Exportüberschuss weit unter der Vorjahresmenge liegen wird – ausgelöst durch witterungsbedingte Ertragsverluste, die zu der niedrigsten Ernte seit 2015 führten. Die EU-Versorgung 2020/21 hängt nun von Australien ab. Dort wird aktuell eine sehr gute Ernte eingefahren, die das Rekordniveau aus 2016 erreichen kann. Doch trotz Rekordeinfuhren in diesem Wirtschaftsjahr dürfte die Rapsverarbeitung in der EU weiter fallen. 2020/21 könnte EU-weit so wenig Raps gebraucht werden wie zuletzt im Wirtschaftsjahr 2012/13. Nur in Deutschland sollte die Rapsverarbeitung dank des erhöhten inländischen Angebotes und der hohen Importe aus Kanada bzw. Australien das Niveau der Vorjahre halten können.

Die Rapssaatnachfrage in der EU kann zudem von einem sinkende Sonnenblumensaatangebot weltweit profitieren. Auch hier wurden hohe Ertragsverluste in der Ukraine und Russland eingefahren. Die hohen Ertragsverluste in Russland führten auch dazu, dass die dortige Regierung überlegt, Sonnenblumenöl mit Exportsteuern zu belasten, um die inländischen Preise nicht allzu stark steigen zu lassen. Der Rückgang des weltweiten Sonnensaatangebotes führte zuletzt auch dazu, dass die Sonnenblumenölpreise stark stiegen und dieses Öl nun teurer ist als Rapsöl. Normalerwiese kostet Rapsöl mehr als Sonnenblumenöl. Somit kann verstärkt Rapsöl im Nahrungsmittelsektor nachgefragt werden, was Nachfrageverluste durch den Corona-Pandemie-bedingten Rückgang des EU-Biodieselverbrauchs kompensieren würde.

Fazit

Insgesamt bleibt für das laufende Wirtschaftsjahr festzuhalten, dass die globale Nachfrage nach Ölsaaten höher als das Angebot sein dürfte. Eine neue Rekordernte in Brasilien von Sojabohnen ist daher notwendig, um die globale Versorgungsbilanz zu verbessern. Nur ein starker Nachfragerückgang, ausgelöst durch neue harte Restriktionen aufgrund der Corona-Pandemie, kann das derzeitige Bild wieder stark ändern. Von dieser globalen sehr guten Nachfrage und dem Rückgang des Ölsaatenangebotes profitiert auch der Raps. Rapssaat dürfte auch in den kommenden Monaten gefragt bleiben. Doch wie viel Raps gefragt sein wird, hängt neben den Corona-Restriktionen auch davon ab, wie viel Sonnenblumenöl in die EU importiert werden kann. Und die Sonnenblumenölnachfrage stieg im vergangenen Wirtschaftsjahr durch den großen Hunger Chinas. Bleibt dieser Hunger dort nach Ölsaaten und pflanzlichen Ölen hoch, bleiben die Versorgungsbilanzen für Ölsaaten weltweit knapper als im Mittel der vergangenen sieben Jahre.

Es handelt sich bei der obigen Analyse ausdrücklich nicht um eine Anlageempfehlung! Der Autor stellt lediglich seine persönliche Meinung nach Bewertung verschiedener Marktkriterien dar. Weder der Autor noch die AGRAVIS Raiffeisen AG können irgendeine Prognose bzgl. der Entwicklung von Rohstoffpreisen abgeben und weisen ausdrücklich darauf hin, dass diese starken Schwankungen unterliegen können und von vielen teils unbekannten Faktoren beeinflusst werden.

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