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Weltgetreideversorgung 2019/20

"Die Weltgetreidemärkte werden 2019/20 von drei Punkten geprägt werden: der internationalen Politik, dem globalen Maisangebot und den Weizenernten in Argentinien und Australien."

10.9.2019

Weltgetreideversorgung 2019/20

Das weltweite Maisangebot 2019/20 wird die globale Getreideversorgungsbilanz entscheidend beeinflussen. Derzeit sind die Sorgen über hohe Ernteausfälle von Mais in den USA verschwunden, auch in Südamerika drückt ein hohes Maisangebot in den Weltmarkt.

Die globale Weizenangebotsschätzung 2019/20 des USDA liegt auf Vorjahresniveau – doch der Weizenmarkt kann doch noch ein Eigenleben entwickeln, falls sehr hohe Ernteausfälle in Australien und Argentinien auftreten. Dort herrschen zurzeit zu trockene Wachstumsbedingungen. Daher werden die kommenden vier Wochen darüber mitentscheiden, wie gut die Welt mit Weizen versorgt sein wird.

Rückblick auf 2018/2019

Das Wirtschaftsjahr 2018/19 war von zwei Entwicklungen geprägt. Missernten von Gerste und Weizen waren in fast allen wichtigen Anbauregionen weltweit zu beobachten, hauptsächlich in Europa. Die Weizen- und Gerstenpreise stiegen aufgrund einer erwarteten Knappheit kräftig. Gleichzeitig aber wurden die globalen Maisernten immer besser. In den USA wurde im Herbst 2018 fast ein neuer Rekordertrag eingefahren, in der Ukraine wurde eine neue Rekordernte eingebracht. Das Maisangebot stieg kräftig und die Preise fielen. Der Maiseinsatz im Futtersektor wurde erheblich ausgedehnt und Weizen und Gerste ersetzt. Das globale Maisangebot wuchs noch weiter, da einige Monate später zudem auch in Argentinien und Brasilien Rekordproduktionen eingefahren wurden – Mengen, die bis jetzt in den Weltmarkt drücken.

Verschiebung im aktuellen Wirtschaftsjahr

Die Vorzeichen für das komplette Wirtschaftsjahr 2019/20 schienen sich deutlich zu verschieben. Die Weizen- und Gerstenproduktionsaussichten sollen sich stark verbessern – auch durch eine Ausdehnung der Anbaufläche. Eine starke Erhöhung des Weizenangebotes weltweit wurde erwartet. Gleichzeitig aber konnten US-Landwirte aufgrund zu nassen Wetters den Mais nicht rechtzeitig wie gewünscht aussäen. Das Aussaattempo vom Mais war so langsam wie noch nie in den vergangenen 40 Jahren. Befürchtungen wurden gestreut, dass die Anbaufläche so stark fällt, so dass die US-Maisversorgung und damit die Weltversorgung 2019/20 sich erheblich verknappen sollte. Diese Sorge hielt noch bis Anfang Juli an. Doch dann veröffentlichte das US-amerikanische Landwirtschaftsministerium neue Anbauflächen für Mais 2019. Diese Anbauflächenzahlen waren erheblich größer als von allen Marktteilnehmern erwartet wurde. Die Angst vor einer knappen Maisversorgungsbilanz in den USA und dadurch auch einer weltweiten Verschlechterung der Getreideversorgung sind seitdem verschwunden.

Einzelne Getreidearten im Fokus

Somit rücken nun wieder Versorgungsbilanzen der einzelnen Getreidearten verstärkt in den Fokus. Die globale Weizenerzeugung soll 2019/20 nach USDA-Schätzungen mit knapp 770 Mio. t ein neues Rekordhoch erreichen, fast 40 Mio. t mehr als noch 2018/19 und 30 Mio. t mehr als noch im 5- Jahresmittel. Vor allem in Europa wird die Erntemenge weitaus besser eingeschätzt als im Vorjahr. Sehr gute Ernten wurden in Frankreich und der Ukraine eingefahren, die Aussichten in Russland bleiben trotz gesunkener Erwartungen über Vorjahr und immer noch die zweithöchste Ernte aller Zeiten. Auch im Baltikum, Skandinavien oder England sind die Ernteschätzungen so hoch wie zuletzt im Rekordjahr 2015. Nur in Deutschland bleibt auch die diesjährige Erntemenge unterdurchschnittlich im Vergleich zum 5-Jahresmittel. Trotz besserer Ernten soll sich die Weizenversorgungslage in den Exportländern im Vergleich zum Vorjahr nicht verbessern, die Endbestände in den Exportländern unverändert im Vergleich zum Vorjahr liegen.

Ernten auf Südhalbkugel entscheiden

Ob sich nun die globale Weizenversorgung nun doch weiter verbessert oder die Versorgungsbilanz doch noch verschlechtern wird, hängt nun nur noch davon ab, wie gut die Ernten auf der Südhalbkugel ausfallen. Die Ernteerwartungen für Australien und Argentinien liegen höher als im Vorjahr, doch die Wachstumsbedingungen sind zurzeit nicht optimal. Noch kann im September nicht von großen Missernten ausgegangen werden. Doch guter Regen ist in den kommenden vier Wochen dringend nötig, um die Ernteerwartungen des USDA zu erfüllen. Vor allem das Wachstum in Australien wird in den Fokus rücken. Ernteverluste würden dann die weltweiten Handelsströme verschieben. Davon dürfte dann auch Deutschland als Weizenproduzent von hoher Qualität profitieren. Insgesamt aber dürfte der deutsche Weizenmarkt wenig von einer möglichen Verschiebung der globalen Handelsströme profitieren. Dazu war die Weizenernte im Vergleich zu anderen europäischen Staaten zu klein. Zusätzlich ergaben sich zuletzt auch noch Nachteile für den deutschen Markt. Saudi-Arabien, der wichtigste Abnehmer von deutschen Weizen, hat seine Qualitätsanforderungen bezüglich der Weizeneinfuhren gelockert. Erstmals seit 2008 ist es nun auch möglich, Weizen aus Russland zu importieren. Somit wird in Deutschland wieder viel davon abhängen, wie gut auch die Inlandsnachfrage der Futter- oder der wachsenden Stärkeindustrie sein wird.

Wenig Impulse aus Gerstenmarkt

Aus dem globalem Gerstenmarkt dagegen dürften in diesem Wirtschaftsjahr nur sehr wenige Impulse für die anderen Getreidearten kommen. Die Ernten in Europa und die Aussichten in Kanada sind zu gut. Das weltweite Gerstenangebot soll sich deutlich erholen, allen voran in Deutschland, Frankreich, England oder in der Ukraine. Die globale Gerstenversorgung dürfte sich nur stark verschlechtern, wenn die globale Gerstennachfrage signifikant steigt und weit über dem enttäuschenden Handelsvolumen aus 2018/19 liegt. Doch die Anzeichen sind bis Ende des Jahres nicht gegeben. Die Nachfrage Chinas ist zwar gut, aber nicht so hoch wie noch vor zwei oder drei Jahren. Die Importnachfrage von Saudi-Arabien, der wichtigste Importeur von Gerste weltweit neben China, schwächelt nun schon seit knapp einem Jahr und ist so niedrig wie zuletzt 2010/11. Von der Importnachfrage Saudi-Arabiens profitiert vor allem die deutsche Gerste – Gerste nach China darf aus Deutschland aus phytosanitären Gründen nicht exportiert werden.

Fazit

Wie in den Vorjahren, wird die Getreideversorgung hierzulande ganz eindeutig von der Weizenproduktion auf der Südhalbkugel und dem Maisangebot weltweit abhängen. Aus dem Maismarkt, aber auch aus dem Gerstenmarkt fehlen aktuell die Anzeichen, dass sich die Versorgungsbilanz stark verknappt. Interessanter für die Weizenversorgung wird aber werden, wie hoch die australische Weizenproduktion ausfällt. Hohe Ernteverluste dort könnten noch einmal viel Bewegung in den globalen Weizenmarkt bringen.

Auswirkungen der internationalen Politik

Doch über dem globalen Agrarmarkt hängen seit mehr als einem Jahr immer große dunkle Wolken. Die Handelskonflikte USA/China (Sojabohnen), Kanada/China (Raps) und Australien/China (Gerste) sind immer noch nicht gelöst – und damit auch nicht die Angst vor einer weltweiten Wirtschaftsrezession. Entwicklungen auf diesem Feld sollten derzeit die Preisentwicklung im Getreidemarkt deutlich stärker beeinflussen als die Ernte- und Nachfrageentwicklungen weltweit.

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Es handelt sich bei der obigen Analyse ausdrücklich nicht um eine Anlageempfehlung! Der Autor stellt lediglich seine persönliche Meinung nach Bewertung verschiedener Marktkriterien dar. Weder der Autor noch die AGRAVIS Raiffeisen AG können irgendeine Prognose bzgl. der Entwicklung von Rohstoffpreisen abgeben und weisen ausdrücklich darauf hin, dass diese starken Schwankungen unterliegen können und von vielen teils unbekannten Faktoren beeinflusst werden.

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