Robuste Grünlandmischungen

Im hohen Norden sind leistungsstarke Gräsermischungen für Marschböden gefragt

Landwirt Timo Hußmann bewirtschaftet einen Milchviehbetrieb in unmittelbarer Nähe zur Nordseeküste. Die Marschböden bergen einige Herausforderungen für die Grünlandbewirtschaftung.

Wenn Timo Hußmann seine Flächen bewirtschaftet, hat er dabei fast überall die Nordsee im Blick. Der Landwirt bewirtschaftet gemeinsam mit seinem Onkel Henrik, seiner Tante Rita sowie Freundin Sandra Honegger 81 Hektar Grünland, außerdem 25 Hektar Ackerland mit Mais und Winterweizen. Der Milchviehbetrieb liegt in Butjadingen-Ruhwarden in unmittelbarer Nähe zur Küste. Eine schöne Umgebung zum Urlaubmachen, die aber für die Landwirtschaft viele Herausforderungen birgt.

Herausforderung Marschböden

Die Böden bestehen ausschließlich aus Marschböden, zum Teil sehr junge Böden, mit 72 bis 86 Bodenpunkten. Der Niederschlag liegt bei 750 Milliliter im Jahr bei 9,2 °C im Durchschnitt. „Und hier liegt die Herausforderung: Wir haben fruchtbare Marschböden, können diese aber vor allem nach einem langen, nassen Winter erst spät oder erschwert bewirtschaften. Außerdem fordert das frische Klima robuste, leistungsstarke Gräsermischungen“, fasst Timo Hußmann die größte Schwierigkeit bei der Bewirtschaftung der Flächen zusammen.

Hochwertiges Grundfutter fördert Langlebigkeit

Für gesunde, langlebige, fruchtbare und leistungsfähige Kühe, die viel Milch mit guten Inhaltsstoffen produzieren, benötigen wir hochwertiges Grundfutter. Das können wir aber nur mit der intensiven Bewirtschaftung des Grünlandes erzeugen, also regelmäßigen Neuansaaten und Nachsaaten, effizienter Düngung und konsequenten Pflegemaßnahmen. Damit wir dies auf den Marschböden umsetzen können, haben wir oft nur ein geringes Zeitfenster zur Verfügung. Das Grünlandmanagement nimmt bei uns deshalb einen sehr hohen Stellenwert ein – angefangen mit der Wahl der optimalen Grünlandmischung. Wir setzen nur Gräsermischungen mit hochwertigen, von der Landwirtschaftskammer empfohlenen Sorten ein. Außerdem setzen wir auf moorgeeignete Sorten, weil diese äußerst robust sind.“

Milchviehbetrieb Wefer GbR: Timo Hußmann mit seinen Milchkühen

Timo Hußmann legt Wert auf gesunde, langlebige und leistungsfähige Kühe mit hoher Grundfutterleistung. Dafür werden qualitativ hochwertige Gras- und Maissilagen benötigt.

Welche Grünlandmischungen im Einzelnen eingesetzt werden, hängt neben der Standorteignung von der Nutzung ab. Der Betrieb füttert Grassilage, Maissilage und Mineralfutter als Teil-TMR, Milchleistungsfutter und Eiweißfutter über Station und im Melkstand. Im Sommer wird die Ration zu einem Drittel mit Weidegras ergänzt. Außerdem werden im Sommer einige Grünlandflächen von den Rindern ganztägig und von den Kühen halbtags beweidet.

Hoher Anteil an Deutschem Weidelgras

Sollen die Flächen ausschließlich gemäht werden, wird eine Mischung mit einem hohen Anteil an Deutschem Weidelgras gesät. „Der Betrieb setzt unter anderem Plantinum Norddeutsch ein. Diese Mischung besteht zu 80 Prozent aus mittleren und späten Sorten des Deutschen Weidelgrases und liefert stabile Erträge und Qualitäten bei intensiver Nutzung“, begründet Imke Hansing, Pflanzenbau-Vertriebsberaterin der AGRAVIS Raiffeisen AG, die Mischungswahl. „Das Deutsche Weidelgras, bestehend aus ausschließlich moorgeeigneten, kammerempfohlenen Sorten, wird von Wiesenlieschgras (20 Prozent) ergänzt. Diese Kombination hält den frischen Witterungsbedingungen mit wassergesättigten, spät erwärmenden schweren Böden stand und sichert den Ertrag auch bei rauhem Küsten-Klima ab. Eben typisch ‚Norddeutsch‘.“

Wird die Fläche überwiegend beweidet, achtet der Betrieb darauf, dass neben Deutschem Weidelgras und Wiesenlieschgras Wiesenrispe für eine stabile, trittfeste Narbe und auch Weißklee für einen höheren Proteingehalt in der Mischung enthalten sind.

Expertentipp

"Wetterextreme wie 2017 und 2018 erfordern eine wiederholte, intensive Pflege, um wieder eine wirtschaftliche Ausgangssituation zu erhalten und zu normalen Pflege-Intervallen zurückkehren zu können."

Imke Hansing, Pflanzenbauberatung

Tücken beim Düngen mit Gülle

Wenn es um die Düngung und Pflege der Grünlandflächen geht, halten die Marschböden einige Herausforderungen bereit, die erste aufgrund der kritischen Befahrbarkeit der Böden im Frühjahr mit der Gülleausbringung. „Wir versuchen die Gülle so früh wie möglich komplett auszubringen, was je nach Befahrbarkeit allerdings auch erst Anfang April sein kann“, erklärt Hußmann. Gülle wird auch nach jedem weiteren Schnitt im Sommer ausgebracht. Die Ausbringung erfolgt mit dem Schleppschuh, im besten Fall wird die Gülle vorher separiert. Außerdem werden die Güllegaben mineralisch mit Stickstoff und Schwefel ergänzt, damit zu Vegetationsbeginn auf den kalten Böden ausreichend Nährstoffe in pflanzenverfügbarer Form zur Verfügung stehen. Nach dem ersten und zweiten Schnitt wird die Gülle noch mit reduzierten N-Gaben aus Mineraldünger kombiniert, nach dem dritten Schnitt wird nur noch Rindergülle ausgebracht.

Maßnahmen gegen Staunässe und Maulwurfshaufen

Darüber hinaus werden Flächen entwässert und Grüppen – Oberflächenentwässerung – gefräst. Mit dem regelmäßigen Aufreinigen der Gräben wird das aufwändige Be- und Entwässerungssystem der Marsch aufrecht gehalten und Staunässe auf den Flächen vermieden. Im Frühjahr werden die Flächen außerdem intensiv gestriegelt, um die Narbe zu belüften und Maulwurfshaufen zu planieren. Im Herbst erfolgen Nachsaat und Unkrautbekämpfung. Der Betrieb sät 10 Kilogramm pro Hektar im Schlitzverfahren aus. „Damit sind wir bei der Nachsaat erfolgreicher als mit dem Striegel“, betont Timo Hußmann. „Unkraut, hauptsächlich Ampfer, behandeln wir in gezielten Herbizidanwendungen im Spätsommer.“

Plantinum Norddeutsch

Bestandteil (%) Art Sorte
20 Deutsches Weidelgras mittel (diploid) Melspring
20 Deutsches Weidelgras mittel (tetraploid) Soraya, Tribal
10 Deutsches Weidelgras spät (diploid) Everton
30 Deutsches Weidelgras spät (tetraploid) Melpaula, Melfrost, Polim
20 Wiesenlieschgras Summergraze
  • ertragssicher durch Wiesenlieschgras
  • sehr winterhart durch ausschließliche M-Sorten (Moorstandorte und Höhenlagen)
  • Eignung als intensive Mähweide (drei bis vier Nutzungen)

Schafe weiden auf den Flächen

Als weitere Maßnahme zur Verbesserung der Grünlandqualität lässt der Landwirt in den Wintermonaten Schafe eines Deichschäfers auf den Flächen weiden. Dadurch wird überständiges Gras aufgefressen und die Narbe mit den kleinen Füßen verfestigt, ohne diese zu beschädigen.

„Das Grünland ist die Basis für eine erfolgreiche Milchproduktion und entsprechend intensiv beschäftigen wir uns mit diesem Thema“, betont Timo Hußmann. Die Entwicklung der Milchleistung gibt dem Landwirt Recht: Vor rund zehn Jahren wurde die Grünlandbewirtschaftung durch Erhöhung der Nachsaat-/Neuansaatfrequenz und gezielter Nährstoffversorgung intensiviert und die durchschnittliche Herdenleistung von knapp 9.000 im Jahr 2008 auf heute rund 10.500 Kilogramm Milch gesteigert. „Es ist wichtig, immer die aktuellen Gegebenheiten zu berücksichtigen“, betont Hußmann. „Jedes Jahr ist anders und wir müssen für jede Situation eine Strategie in der Schublade haben.“ 2017 sei beispielsweise geprägt gewesen von hohen Niederschlagsmengen, einer schlechten Befahrbarkeit der Flächen, sehr guten Erträgen aber gleichzeitig schwachen Qualitäten.

Intensive Grünlandpflege weiterhin nötig

Im Frühjahr 2018 sei aufgrund der Nässe des Vorjahres eine intensive Pflege mit Nachsaat, Walzen und Striegeln notwendig gewesen, um die Narbe wieder fit zu machen. „Dann ging es extrem weiter: Nach dem ersten Schnitt mit guten Erträgen und Qualitäten war die Grasernte aufgrund der Trockenheit nahezu beendet, um die Futterlücke im nächsten Frühjahr schließen zu können, haben wir auf den Maisflächen Welsches Weidelgras und Grünroggen angebaut und werden 2019 erneut intensiv mit der Grünlandpflege starten müssen“, macht Hußmann deutlich.

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