Für diese äußerst unbefriedigende Situation sind im Wesentlichen zwei Gründe zu nennen: Erstens haben die Winterniederschläge 2018/19 im nordostdeutschen Raum nicht ausgereicht, das Wasserdefizit aus 2018 auszugleichen und die Wasservorräte im Unterboden wieder aufzufüllen. Und zweitens haben unsere Regionen seit Mitte Juni insgesamt zu wenig Niederschläge erlebt – und die wenigen Regenfälle waren dann oftmals nur sehr lokal auszumachen.
Neue Düngeverordnung hinterlässt Spuren
Auch die veränderten Rahmenbedingungen der seit Sommer 2018 wirkenden neuen Düngeverordnung haben 2019 erkennbare Spuren hinterlassen. Insbesondere beim Weizen ist die 2019er Ernte durch ein niedrigeres Proteinniveau in Niedersachsen und eine sehr hohe Variabilität der Protein- und Klebergehalte gekennzeichnet. Die Inhomogenität beim Protein und beim Kleber geht einher mit einer deutlich niedrigeren Relation zwischen beiden für die Backeigenschaften von Mehlen so wichtigen Parametern. Sicherlich lassen sich in vielen Fällen die geringen Proteinwerte mit teilweise hohen Erträgen über den berühmten „Verdünnungseffekt“ erklären. Ob aber das immer der richtige Ansatz ist, müssen die Pflanzenbauer untersuchen. Denkbar wäre auch eine zu schnelle Abreife infolge von Hitze- und Trockenstress.
Jedenfalls stellt der 2019er Jahrgang den Erfassungshandel und die Müllerei vor echte Herausforderungen, denn neben den beschriebenen Abweichungen beim Protein ist das Getreide auch sehr trocken, sodass technische Aufbereitungen wie ein Reinigungsgang im Silo zu höheren Bruchkornwerten führen können.
Negative Preisenwicklung
Zu den schwierigen Rahmenbedingungen kommen nun die Märkte hinzu, die seit geraumer Zeit so gar keinen Ausgleich für Ertrags- und/oder Qualitätseinbußen geben wollen. Anders als im Vorjahr haben wir keinen steilen Preisanstieg im Sommer gesehen, weder an den Terminmärkten noch im Kassamarkt. Die Preisentwicklung unserer Leitbörse in Paris war ab Anfang Juli eher negativ, was sicherlich aus den sehr guten Druschergebnissen in Westeuropa heraus zu erklären ist.
Aber auch der Maispreis in den USA als großer Einflussfaktor aus der kurzen Hausse-Phase im Juni hatte an Kraft eingebüßt. Angetrieben von deutlichen Aussaatverzögerungen, möglicherweise nicht bestellten Flächen und Rekord-Short-Positionen der Fonds in Chicago hatten die Börsenkurse beim Mais bis Ende Juni ein Vier-Jahres-Hoch erklommen und dabei die Weizennotierungen mit gen Norden geschoben. Der für die Anleger enttäuschende und für viele Analysten unverständliche USDA-Bericht Anfang Juli ließ die Preisphantasien schnell in sich zusammenbrechen und führte dazu, dass der Weizenpreis seitdem an der Matif Woche für Woche die Widerstände nach unten testete.