Deutscher Weizenmarkt 2024/2025

Aussichten für das kommende Wirtschaftsjahr

Bernhard Chilla, Marktanalyst bei der AGRAVIS Raiffeisen AG, blickt auf die aktuellen, weltweiten Entwicklungen und deren Auswirkungen auf den deutschen Weizenmarkt im Wirtschaftsjahr 2024/25.

Die nachfolgende Analyse erschien im Mai 2024 auch in der Land & Forst.

Das Wirtschaftsjahr 2023/24 geht dem Ende entgegen. Geprägt war es, wie in den zwei Vorjahren, durch ein unsicheres Marktumfeld. Der Russland-Ukraine-Konflikt dauert an, dazugekommen ist ein neuer Krisenherd im Nahen Osten. Die Wirtschaftsleistung, allen voran im Euroraum und in China, taumelte wegen der Nachwirkungen der Inflationsraten bei Energie und Lebensmitteln. Um die steigende Inflation zu deckeln, erhöhten die Notenbanken der wichtigsten Industrieländer deutlich die Leitzinsen. Das wiederum verteuerte für Verarbeiter und Importländer den Ankauf von Agrargütern. Berichte über Sorgen vor fehlender Nachfrage verunsicherten die Marktteilnehmer. Rückblickend fiel auf, dass sich die Nachfrage vorwiegend auf die kurzfristige Bedarfsdeckung konzentrierte, langfristige Deckungskäufe kamen nur selten vor. Dadurch bedingt zeichnete sich im Wirtschaftsjahr 2023/24 das Bild einer sehr guten Versorgungslage für Getreide ab. Doch bei genauerem Hinsehen besteht die grundsätzlich knappere Weizenversorgung global weiter, nur die Versorgung mit Körnermais hat sich bedeutend verbessert.

Bessere Nachfrage als teilweise erwartet

Eine positive Randnotiz gibt es zum Ende des ablaufenden Wirtschaftsjahres dann aber doch. Denn allen Unkenrufen zum Trotz blieb die Nachfrage nach Agrargütern nicht so schwach wie es hier und da erwartet worden war. Unterm Strich dürfte vor allem das Getreideangebot zum wesentlichen Einflussfaktor für die globale Versorgung 2024/25 werden. Die Ausgangsbedingungen für die Höhe der Weizenproduktion 2024/25 sind hier vollkommen anders als noch im Vorjahr. In den USA soll die Weizenanbaufläche deutlicher sinken, sagt das US-amerikanische Landwirtschaftsministerium USDA. Für die Landwirtschaft dort war der Weizenanbau abnehmend attraktiv, und das spricht gegen eine deutliche Produktionssteigerung bei normal guten Erträgen.

Nasses Wetter in Europa

Interessanter ist der Blick auf Europa, genauer gesagt auf Frankreich, England und auch Deutschland. Seit dem Sommer 2023 regnete es anhaltend in den wichtigsten Anbauregionen von Weizen. Die Aussaat von Winterweizen war schwierig, Anbauer:innen konnten bei weitem nicht so viel Fläche mit Weizen bestellen wie in normalen Jahren. In Frankreich sprechen Marktbeobachter von einem Rückgang von rund 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr, in England von weit über 10 Prozent, und in Deutschland soll die Winterweizenfläche knapp 10 Prozent unter der Vorjahresfläche liegen. Und: Mit dem nassen Wetter konnten sich Weizenbestände anteilig nicht optimal entwickeln. Entsprechend erwarten Marktbeobachter eine Weizenproduktion (ohne Hartweizen) für die EU und England von rund 132 bis 135 Millionen Tonnen, das wären 5 bis 8 Millionen Tonnen weniger als im Jahr davor.

Unveränderte russische Anbaufläche

Blicken wir zum Weizenthema nach Russland, das in der globalen Versorgung den bedeutendsten Part hat. Die russische Anbaufläche soll unverändert bleiben, bei vorausgesagten guten Wachstumsbedingungen bis Anfang April; lokale Marktbeobachter erwarten eine Weizenproduktion wie in den beiden Vorjahren von weit über 90 Millionen Tonnen. Auszuschließen ist eine solche sehr gute Ernte natürlich nicht, doch kommt der Winterweizen in den wichtigsten Anbauregionen im russischen Süden erst seit Ende April in die entscheidende Wachstumsphase. Also heißt es: abwarten. Und vor allem: Was macht das Wetter?

Qualität entscheidend für mehr deutschen Export

Ein möglicher wetterbedingter Produktionsrückgang im Schwarzmeerraum könnte theoretisch dem deutschen Weizenexport mehr Chancen eröffnen. In Deutschland hängt das Versorgungsbild wie in den Vorjahren nämlich mehr von der Exportnachfrage ab, die deutsche Inlandsnachfrage stagniert pro Jahr bei rund 18 Millionen Tonnen. Doch im deutschen Exportmarkt zeigt sich leider, dass zahlreiche traditionelle Destinationen wie Südafrika, Nigeria, westafrikanische Länder oder Saudi-Arabien ihren Weizenbedarf wegen gesunkener Weizenqualitäten in anderen Ursprüngen decken. Derzeit sind Marokko und England die wichtigsten Drittland-Destinationen Deutschlands. Marokko importiert eher Weizen mit niedrigeren Proteingehalten, und sein Importbedarf dürfte 2024/25 weniger hoch ausfallen als 2023/24. England wiederum könnte bei höheren eigenen Ernteverlusten mehr Weizen einführen, bevorzugt aber bessere Qualitäten. Mehr deutsches Exportgeschäft, auch in die alten Destinationen, könnte theoretisch also nur dann stattfinden, wenn die deutschen Weizenqualitäten rundum überzeugen.

Ohne Maisknappheit keine Getreideknappheit

Für ein komplett anderes Getreideversorgungsbild 2024/25 im Vergleich zu 2023/24 kommt als Faustregel ins Spiel: Ohne Maisknappheit keine Getreideknappheit. Je mehr Mais verfügbar ist, desto mehr Mais dürfte im globalen Futtersektor den Weizen aus den Futterrationen verdrängen und die Weizenversorgungslage komfortabler erscheinen lassen. Damit dann rückt mehr und mehr die Maisanbau-Entscheidung der US-Landwirtschaft zur Ernte 2024 in den Vordergrund. In Folge der sehr guten Maispreise dehnten die USA den Anbau zur Ernte 2023 kräftig aus. Es folgte: die größte Anbaufläche seit dem Erntejahr 2016, und über drei Millionen Hektar mehr als 2022. Sehr gutes Wachstumswetter steigerte das US-Maisangebot um sage und schreibe 52 Millionen Tonnen, also um mehr als eine deutsche Jahres-Getreideernte (rund 42 Millionen Tonnen/Jahr). Die US-Maisendbestände sollen 2023/24 so hoch sein wie zuletzt 2018/19 – von einer Maisknappheit 2023/24 kann also keine Rede sein. Doch was macht nun die US-Landwirtschaft? Das USDA veröffentlichte Ende März 2024 seine erste Prognose: Die Anbaufläche soll um knapp zwei Millionen Hektar abnehmen. Das könnte das US-Maisangebot stärker senken und auch die Endbestände 2024/25 bei normaler Nachfrage wieder reduzieren. Auf den ersten Blick spricht das nicht mehr für eine ganz so üppige weltweite Maisversorgung 2024/25. Doch viel wichtiger wird der zweite Blick: In den USA kommt der Mais erst noch in den Boden. Je nach Wetterlage kann die Anbaufläche während der Hauptaussaat im Mai noch deutlich höher oder niedriger ausfallen. Und: Die Ertragsprognose für 2024 basiert auf Trenderträgen. Also unterm Strich: bisher nur viele Maisproduktionsideen – und eben darum ist das Versorgungsbild beim Mais bei weitem noch nicht so klar wie beim Weizen.

Fazit

Zusammenfassend gilt als Ausblick für 2024/25: Das Getreideangebot dürfte über das Versorgungsbild und die Preisentwicklung entscheiden. Die Wetterentwicklung im Mai wird deutlich wichtiger werden als in den beiden Vorjahren, besonders für die Weizenproduktion in Russland. Der deutsche Agrarmarkt könnte von möglichen Engpässen profitieren, wenn die Weizenqualitäten stimmen.

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