Braugerste unter Druck - Saison 2020

Marktbericht Land & Forst

Die Sommerbraugerste hat im Norden Niedersachsens einen festen Platz in der Anbauplanung der Betriebe. Aufgrund der schwachen Erzeugerpreise hat sie aber Federn lassen müssen. Wie sind die Aussichten?

Die Braugerste in Niedersachsen ist eine Kultur für Spezialisten. Inbesondere bei der Stickstoffdüngung müssen die Bauern das richtige Maß finden, damit die Erträge passen und die Qualitäten eingehalten werden. Das Sortenspektrum der Sommergerste wird mit Quench, Leandra und Prospect bewusst eingegrenzt, um sowohl die agronomischen als auch die verarbeitungsrelevanten Parameter ins Optimum zu bringen. Der Anbau dieser Sommerfrucht konzentriert nach wie vor in der Anbauregion der Sandböden Nordhannovers östlich der A7 und nördlich der A2. Die meisten Felder sind beregnungsfähig. Inzwischen sammeln auch vermehrt Landwirte in anderen Regionen erste Erfahrungen mit dem Braugerstenanbau. Verantwortlich dafür ist nicht zuletzt die Notwendigkeit zur Erweiterung der Fruchtfolgen. Die niedersächsische Anbaufläche ist ersten Schätzungen nach gegenüber dem Vorjahr um 20 bis 30 Prozent auf rund 21.000 ha zurückgegangen. Vermarktungsfähige Qualitäten lassen sich bei der Braugerste auf leichten Standorten häufig nur unter Einsatz der Feldberegnung produzieren. Die ungewöhnlich trockenen Jahre 2018 und 2019 haben aber die verfügbaren Beregnungskontingente der landwirtschaftlichen Betriebe stark strapaziert. Aus diesem Grund haben zahlreiche Betriebe die Braugerstenfläche reduziert.

Umsatzeinbußen

Auch im aktuellen Anbaujahr stellt sich die Niederschlagssituation in der Region äußerst angespannt dar. Die Regenfläche im Juni brachten nur wenig Entspannung. Mancherorts wurden die Bestände bis zum Ährenschieben bereits drei Mal beregnet. Die nächsten Tage und Wochen werden über Ertrag und Qualität der Ernte entscheiden. In Niedersachsen gibt es eine intensive Diskussion hinsichtlich der Beregnungsintensität von Flächen. Hier steht die Braugerste in Konkurrenz mit den Kartoffeln, die häufig den Vorzug erhalten.

Vermarktung

Hinsichtlich der Vermarktung der Braugerste zeichnet sich ein ungewöhnliches Jahr ab. Die ersten Monate des Jahres waren durch den Ausbruch des Coronavirus geprägt. Dies hat in der Vermarktung der alten Ernte zu einigen Verwerfungen geführt. Durch den Lockdown sind sehr vielen Brauereien erhebliche Umsätze in der Gastronomie, bei Volksfesten und anderen Veranstaltungen verloren gegangen. Die Steigerung im Absatz von Flaschen- und Dosenbier konnte diese Umsatzeinbußen nicht auffangen. Allein im April 2020 wurden knapp 20 Prozent weniger Bier in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr abgesetzt. Zudem schwächelt auch der Export von Bier und Braumalz in einige Länder wie z.B. in die USA oder nach Asien im Zuge der Krise.

Verzögerungen in der Abnahme

Die geminderte Nachfrage führt zu Verzögerungen in der Abnahme von Braugerste bei den Mälzereien. Die Industrie versucht nun, mit der geringeren Malznachfrage ihre gehandelten Braugerstenmengen zu schieben oder zu stornieren. Dies erhöht zwangsläufig den Druck in der Logistikkette. Es werden Lösungen gesucht, die Ware einzulagern. Eine Besserung der Lage wird frühestens Anfang Juli zu erwarten sein. Dadurch haben sich die Preise für Ware aus der alten Ernte in den vergangenen Monaten auch nach unten entwickelt.

Aussaatfläche 2020

Die Aussaatflächen von Sommergerste für die Ernte 2020 sind für ganz Europa gesehen angewachsen. In Großbritannien gehen die Schätzungen von einem Zuwachs von 30 Prozent aus, was etwa 950.000 ha an Sommergerste bedeuten würden. Die Bestände sehen durch den trockenen Frühling nicht so gut aus wie im Vorjahr. In Frankreich wurden aufgrund des nassen Herbstes weniger Weizen und Raps ausgesät, dies wurde teilweise für die Gerste genutzt. Hier gehen die Fachleute von einer Fläche von 680.000 bis 720.000 ha (VJ: 640.000 ha) aus. Die französischen Gerstenbestände sehen, wie auch in Großbritannien, aktuell nicht so gut aus wie im Vorjahr. Waren im Vorjahr zum Stand Ende Mai noch über 80 Prozent mit einem guten bis sehr guten Rating versehen, liegt er heute bei ca. 55 Prozent. Auch in Dänemark soll etwas mehr Fläche zu Verfügung stehen. Die Schätzung liegt bei etwa 530.000 ha (VJ: 490.000 ha).

Deutschland

Für Deutschland wird kein Flächenzuwachs erwartet, hier bleibt die Aussaatfläche bei etwa 360.000 ha. Die Wachstumsbedingungen in Deutschland sind aber auch durch das trockene Frühjahr nicht optimal.

Ausblick Saison 2020/2021

Die Marktrichtung für die Braugerste wird dieses Jahr von den Nachwirkungen der Corona Krise und dem Handelsstreit zwischen China und Australien bestimmt werden. Die chinesische Regierung hat im Mai eine Importsteuer auf australische Gerste erhoben, was dazu geführt hat, dass mehr französische Ware von China nachgefragt wurde. Wie sich dies auf das Vermarktungsverhalten in der EU in der neuen Ernte auswirkt, bleibt abzuwarten. Die höheren Endbestände durch die Corona Krise stehen im Gegensatz zu der zusätzlich erwarteten Nachfrage aus China. Zum aktuellen Zeitpunkt lässt sich keine sichere Aussage darüber treffen, wann in der Brauindustrie eine Rückkehr zur Normalität eintreten wird. Insgesamt zeichnet sich für die Saison 2020/2021 eine komfortable Braugerstenbilanz in Europa ab. Voraussetzung dafür ist, dass in den kommenden Wochen keine weiteren Wetterkapriolen auftreten.

Andreas Lege, AG Braugerste

Lutz Rummeny, Agravis Raiffeisen AG

Quelle: Der Marktbericht ist in der Land&Forst, Ausgabe 25/2020 erschienen.

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