Laut dem amerikanischen Landwirtschaftsministerium USDA werden im Erntejahr 21/22 weltweit 381,8 Millionen Tonnen Sojabohnen produziert, das sind 15,6 Millionen Tonnen mehr als 20/21. Dabei werden trotz steigender Nachfrage vor allem aus Asien die Endbestände auf 102 (Vorjahr 99,8) Millionen Tonnen ausgebaut. Bei der Rapssaat dagegen sieht es deutlich anders aus. Wegen der Hitzewelle in Nordamerika gab es große Ernteeinbußen in Kanada. Anstatt der erwarteten 21,5 Millionen Tonnen Canola-Saat wurden letztlich nur 12,6 Millionen Tonnen geerntet; die Exportmenge des weltweit größten Canola-Exporteurs fällt damit von 10,5 Millionen Tonnen 20/21 auf voraussichtlich 4,5 Millionen Tonnen in der laufenden Saison 21/22. Diese 6 Millionen Tonnen weniger kann auch eine Rekordernte von gut 6 Millionen Tonnen in Australien nicht auffangen. In Europa wird es entsprechend in der ersten Hälfte 2022 zu einer weit geringeren Auslastung bei den rapsverarbeitenden Ölmühlen kommen als 2021. Allein für Deutschland gehen Experten von einer rund 1 Million Tonnen geringeren Rapsverarbeitung gegenüber dem Vorjahr aus. Der stark invertierte Markt und die Preisdifferenz zwischen der neuen Ernte zur alten Ernte spiegelt das alles im Markt schon jetzt wider.
Soja: Vielseitige Einflussfaktoren auf Preisbildung
Bei Sojabohnen und speziell Sojaschrot ist es etwas komplizierter. Die Einflussfaktoren auf die Preisbildung sind in diesem Jahr weitaus vielseitiger als im Jahr zuvor. Auf den ersten Blick haben wir eine gute Versorgungslage, doch auch hier steckt der Teufel im Detail. Für das größte Sojaanbauland Brasilien erwartet das USDA, dass dort in den kommenden acht Wochen 144 (Vorjahr: 137) Millionen Tonnen geerntet werden, für Argentinien geht man momentan noch von 49,5 (Vorjahr: 45) Millionen Tonnen aus. Die US-Produktion erreichte mit 120,4 Millionen Tonnen (Vorjahr: 115) nahezu wieder die Rekordmenge aus dem Jahr 2018. Ein Fragezeichen allerdings steht speziell noch hinter der angenommenen argentinischen Menge, weil nämlich die Wetterexperten momentan ideale Bedingungen für einen „La Nina“ erkennen. Das Wetterphänomen würde Trockenheit im Süden von Südamerika und vermehrt Niederschläge in Südostasien und Australien bedeuten.
Neben der Versorgungslage preisbestimmend war und ist unter anderem und nicht zuletzt Pflanzenöl. Getrieben durch den sogenannten „Boardcrush“, also Öl kaufen und Schrot verkaufen bzw. umgekehrt, hatte das Sojaöl einen klaren Einfluss auf die Schrotnotierungen. Durch eine weltweit erheblich gestiegene Nachfrage nach Pflanzenöl wurden die Schrotkurse zeitweise stark gedrückt, erholten sich dann aber wieder – unter anderem durch die mit 10 Prozent geringer als erwarteten Biodieselmandate in Brasilien und eine mögliche kleinere Biodieselnachfrage wegen der neuesten Corona-Beschränkungen.
Abhängigkeit von problemlosen Lieferketten
Beim ebenfalls präsenten Thema Inflation denkt man automatisch an die Zinspolitik der westlichen Notenbanken. Doch auch Maßnahmen einzelner Länder – wie beispielsweise die Exportrestriktionen in Argentinien und Russland, um die Nahrungsmittelinflation in den Griff zu bekommen – unterstützen die Weltmarktpreise von Sojabohnen und ihrer Koppelprodukte. Im Sojaschrotmarkt zeigte sich zusätzlich die Abhängigkeit von problemlosen Lieferketten aus anderen Wirtschaftsbereichen. Durch Lieferengpässe sowie Produktionsausfälle in den USA und China verknappte sich neben vielen anderen Produkten auch das globale Lysin-Angebot. In den Futtertrögen kann es durch Sojaschrot ersetzt werden, und entsprechend spiegelt sich seit dem vergangenen Oktober das gesunkene Lysin-Angebot deutlich in der gestiegenen Sojaschrot-Nachfrage. Eben diese außerplanmäßige Nachfrage nach Sojaschrot führt speziell in den USA und Europa zu zusätzlichen Engpässen und logistischen Herausforderungen.
Unterm Strich wurde im Kalenderjahr 2021 vor allem deutlich, wie eng Ursachen und Wirkungen miteinander verzahnt sind. Läuft ein Zahnrad im landwirtschaftlichen Gefüge nicht mehr rund, sind die Auswirkungen in zahlreichen anderen Bereichen sicht- und spürbar. Wie sich die Kreisläufe 2022 fortsetzen, werden wir so oder so früher oder später erfahren.
Weltsojabohnenversorgung nach USDA