Ernteprognose 2021: Europäisches Getreideangebot wächst

Vermarktungsperspektiven und Preisentwicklung

AGRAVIS-Analyst Bernhard Chilla legt für den Getreidemarkt im Wirtschaftsjahr 2021 eine aktuelle Einschätzung vor und berichtet über die Auswirkungen der Wetterlagen in Nordamerika und Europa.

22. Juli 2021:

Während Trockenheit und Hitze in den USA die Getreidekurse an den Börsen befeuern, bremst in Deutschland unbeständiges Wetter mit Unwetterlagen die Ernte und weckt Mengen- und Qualitätssorgen. Diese Witterungsbedingungen beeinflussen neben der Preisgestaltung auch die Vermarktung und Warenströme. Die trockene Wetterlage in Nordamerika lässt große Befürchtungen aufkommen, dass die diesjährige Weizenproduktion, vor allem in Kanada, deutlich niedriger ausfallen wird als im Vorjahr. Doch noch ist die Ernte nicht eingefahren. Bei einer signifikant sinkenden Produktion in diesem Jahr wird der Exportüberschuss des Landes im Vergleich zum Vorjahr deutlich sinken. Da stellt sich die Frage, wer diese Ausfälle kompensieren könnte. In Kanada wird normalerweise ein Weizen von höchster Qualität geerntet. Sie ist auch nur bedingt vergleichbar mit einer E-Weizenqualität in Deutschland. So könnte weltweit ansatzweise Hochqualitätsweizen aus den baltischen Staaten den Weizen aus Kanada ersetzen. Doch insgesamt wird es schwierig sein, den Weizen aus Kanada gleichwertig im Exportmarkt durch andere Exportländer auszutauschen.

Qualität ist wichtiges Thema

Das Qualitätsthema dürfte den Getreidemarkt insgesamt länger begleiten. Wenn die Weizenqualitäten tatsächlich in Frankreich und Deutschland stärker leiden, dürfte Futterweizen deutlich stärker nachgefragt werden. Das würde vor allem gegen einen hohen Einsatz von importiertem Körnermais sprechen. Dieser bleibt in den Futtermischungen insgesamt zu teuer in den kommenden Monaten – nicht nur in Deutschland, sondern auch international. Das spricht für eine hohe Weizennachfrage in der nächsten Zeit. Doch aktuell ist zu beobachten, dass Weizen aus den Anrainerstaaten des Schwarzmeeres erheblich günstiger ist im Vergleich zu Weizen in Deutschland oder Frankreich. In der Ukraine oder in Rumänien wird in diesem Jahr eine sehr gute Weizenernte eingefahren, die weit über der Vorjahresmenge liegt. Daher ist in den kommenden Wochen mit einem sehr hohen Exporttempo aus dieser Region zu rechnen.

Höhere Weizenproduktion in Deutschland

Dennoch spielt auch die deutsche Weizenproduktion auf dem Absatzmarkt eine Rolle. Die Ernte in diesem Jahr dürfte sich um die 22,5 bis 23 Mio. Tonnen bewegen und damit immer noch höher sein als die 2020. Doch die Erwartungen hinsichtlich der Produktionshöhe wurde zuletzt auch vom Deutschen Raiffeisenverband (DRV) gesenkt. Der Hauptgrund ist weiterhin, dass viele Feldbestände derzeit nicht so gesund aussehen wie noch im Juni. Wie gut die Qualität am Ende sein wird, bleibt abzuwarten. Das Risiko von Qualitätseinbußen ist auf jeden Fall durch die Wetterlage von Mitte Juli gegeben.

Nachfrage in China

Nicht nur von der Erntemenge und -qualität hängen schließlich die Preisgestaltung und der Absatz per Export oder Binnenmarkt ab. Die Preisentwicklung 2021 sollte auch weiterhin von dem globalen Maisangebot und durch die Nachfrage Chinas bestimmt werden. Bleibt diese Nachfrage Chinas hoch und in den USA wird kein neuer Rekordertrag beim Mais eingefahren, dann bleibt die weltweite Versorgung mit Getreide relativ knapp im Vergleich zu der Periode 2014 bis 2019. Das würde theoretisch auch wieder für eine hohe Nachfrage nach deutschem Getreide für den Exportmarkt sprechen. Dazu muss am Ende aber die Qualität passen. Zusätzlich unterscheidet sich das Getreideangebot im Erntejahr 2021 in Europa zum Vorjahr deutlich: Im Erntejahr 2020 wurden in Frankreich, der Ukraine, Rumänien oder Bulgarien weit unterdurchschnittliche Ernten eingefahren. Das ist in diesem Wirtschaftsjahr anders. Das europäische Getreideangebot dürfte sich deutlich erhöhen. Da gleichzeitig laut amerikanischem Landwirtschaftsministerium die globale Nachfrage hoch bleiben soll, wird Getreide aus Europa und damit auch aus Deutschland im Export gefragt sein.

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