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Knappe Düngermärkte: Die Krise als Chance für Innovationen

AGRAVIS aktuell digital 2203

Der Markt für mineralische Düngemittel und allen voran der für Stickstoff hat sich im zweiten Halbjahr 2021 von einer Seite gezeigt, die für alle Marktteilnehmenden neu war. Nachdem die Weltwirtschaft im Jahr 2020 mit zahlreichen Lockdowns in ein künstliches Koma versetzt worden war, versuchten die Branchen im Frühjahr 2021, das Verpasste wieder aufzuholen. Was folgte, haben Marktteilnehmer:innen so noch nicht erlebt. In dieser Krisensituation sehen die AGRAVIS-Expertinnen und Experten aber auch eine Chance, nämlich mehr Offenheit für neue Lösungen.


Kurz und knapp

  • Der mineralische Düngemittelmarkt zeigte sich 2021 von einer neuen Seite. Hohe Gaspreise machten die Produktion von Stickstoffdüngemitteln unrentabel. Hinzu kamen geringe Logistikkapazitäten. Die Folge: Warenknappheit und hohe Preise.
  • Auf den Höfen wird es nun zahlreiche Anpassungen der Düngestrategie geben. Die Intensität der Stickstoffdüngung muss neu kalkuliert werden.
  • Die Effizienz im Umgang und dem Einsatz von Stickstoffdüngern bleibt nach wie vor wichtig. Dabei ist der wohlüberlegte Ausbringungstermin genauso wichtig wie die ständige Überprüfung der übrigen Nährstoffe und Wachstumsfaktoren. Von der Bodenstruktur über die Kalkung bis zur bewussten Anpassung der Fruchtarten müssen alle Optionen ständig hinterfragt werden.
  • In der Krise sehen die AGRAVIS-Expertinnen und Experten aber auch eine Chance. Sie prognostizieren, dass teilflächenspezifische Lösungen in der Praxis in den Vordergrund rücken und Bakterien, die Luftstickstoff binden, an Bedeutung gewinnen werden.

Das wirtschaftliche Getriebe mit seinen überaus komplexen Netzwerken kann nicht von jetzt auf gleich wieder in alten Schwung kommen. So dauert es Monate, bis in den Häfen aufgestaute Seecontainer wieder in Umlauf kommen. Damit setzte sich 2021 eine Kette von Knappheiten und Unsicherheiten in Gang, die schließlich eine überproportional große Nachfrage im Verhältnis zum Angebot nach sich zog.

Warenknappheit und hohe Preise

Es folgte ein raketenartiger Anstieg der Rohstoffpreise, darunter auch der Gaspreis, welcher für die Düngerindustrie eine wirtschaftliche Produktion von Stickstoffdüngemitteln unrentabel machte. Es gab Wochen, in denen auf keiner Handelsstufe Angebote für Mineraldünger vorlagen; es gab schlicht keine Ware zu kaufen. Da die Logistikkapazitäten ebenfalls von enormen Knappheiten bis hin zur Überforderung geprägt waren, führte das zu einer Situation wie seit Jahrzehnten nicht mehr.

Eine außergewöhnliche Lage auf dem Düngermarkt

Hohe Düngerpreise hat es schon häufiger gegeben, doch die Konstellation, dass gleichzeitig die Ware auch physisch aller Wahrscheinlichkeit nach nicht ausreichen wird, macht die Lage außergewöhnlich.

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Die Situation auf den Betrieben

Expertentipp

  • Der Ersatz von Mineraldünger durch Wirtschaftsdünger muss sehr bewusst und kontrolliert stattfinden.
  • Je weniger Organik in der Vergangenheit auf einem Acker eingesetzt wurde, desto geringer das Mineraldüngeräquivalent.
  • Die gesetzliche Mindestanrechenbarkeit (60 bis 70 Prozent) des Gesamtstickstoff ist auf den meisten Flächen im Getreide nicht erreichbar.
  • Je höher der Indikator Trockensubstanz (TS)-Gehalt liegt, desto schlechter die kurzfristige Verfügbarkeit der Inhaltstoffe. Als Faustzahl können im Getreide Produkte mit maximal 5 Prozent TS im Frühjahr genutzt werden. Alles darüber eignet sich besser für Sommerungen wie Zuckerrübe, Kartoffel und vor allem Mais.

Ein Teil der Betriebsleiter:innen hat den gesamten Bedarf an Nährstoffen für die Saison 2022 mehr oder weniger preiswert kontrahiert, andere gehen mit komplett leeren Büchern in die Saison. Die meisten haben sich mit Teilmengen eingedeckt und splitten damit das Risiko. Die Intensität der Stickstoffdüngung sollte jedoch neu kalkuliert werden – mit den aktuellen Preisen für Dünger und für landwirtschaftliche Produkte. Für die Druschfrüchte Getreide und Raps können die höheren Betriebsmittelkosten wohl durch ebenso drastisch gestiegene Marktpreise aufgefangen werden. Bei diesen Kulturen ist eine Minderung der Düngermenge nicht notwendig. Vor allem für Qualitätsgetreide sind die Aufschläge aktuell so attraktiv, dass die Mehrkosten der Düngung durch Kontrakte sinnvoll abgesichert werden können.

Alle Kosten des landwirtschaftlichen Betriebs im Blick haben

Gleichzeitig muss kalkuliert werden, wie stark die Kosten in anderen Bereichen des landwirtschaftlichen Unternehmens angestiegen sind und durch die möglichen Mehrerlöse beglichen werden müssen. Deutliche Verlierer sind Zuckerrüben und Kartoffeln, die einen hohen Nährstoffeinsatz verlangen und gleichzeitig keine oder kaum höhere Summen auf der Erlösseite vermuten lassen. Im Maisanbau ist ebenso mit keinen Zuwächsen in der Marktleistung zu rechnen, hier lässt sich allerdings am einfachsten der größte Teil des Nährstoffbedarfs über Wirtschaftsdünger abdecken. Ein erhöhter Einsatz von Wirtschaftsdüngern kann eine Strategie sein, doch muss auch hier bei sinkenden Tierzahlen ausreichend Ware verfügbar sein.

Maximale Effizienz im Einsatz und Umgang mit Stickstoffdünger

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Seit der Einführung der Düngeverordnung gilt mehr denn je: maximale Effizienz im Einsatz und Umgang mit Stickstoffdünger. Ein wohlüberlegter Ausbringungstermin ist genauso wichtig wie eine ständige Überprüfung der Nährstoffe und Wachstumsfaktoren. Von der Bodenstruktur über die Kalkung bis zur bewussten Anpassung der Fruchtarten müssen alle Optionen ständig hinterfragt werden.

So können Sie die Stickstoffeffizienz erhöhen:

  • Eigene Nmin-Analysen lassen exaktere Planungen zu.
  • Düngetermine mehr an der Witterung und weniger an Entwicklungsstadien der Kulturen anpassen.
  • Flüssigdünger möglichst grobtropfig ausbringen.
  • Stabilisierte N-Dünger einsetzen, wenn der Abstand zwischen Düngergabe und Nährstoffbedarf besonders groß ist.
  • Alternativ zu Hemmstoffen können Düngemittel mit einer Umhüllung (Coating) eingesetzt werden, um eine kontrollierte Freisetzung der Elemente zu erreichen.
  • Die ausgewogene Versorgung der Pflanze mit allen essentiellen Nährstoffen führt zu einer verbesserten N-Ausnutzung.
  • Eine ausreichende Schwefeldüngung sichert die Ausnutzung des Stickstoffs ab.
  • Die Getreidesorten und -arten nach N-Effizienz differenzieren.
  • Separieren von Gülle: dünne Phase im Getreide einsetzen, dicke Phase zu Sommerungen einarbeiten.
  • Ausreichende Kalkung und gut eingestellte pH-Werte ermöglichen der Kulturpflanze den optimalen Zugriff auf alle Nährstoffe.
  • Angepasste Pflanzenschutzmaßnahmen tragen zur Ertragsabsicherung bei. Denn Düngung und Pflanzenschutz bedingen sich gegenseitig.

Einsatzhinweise N-Einzeldünger

Nach der Startgabe im Getreide sind die Bodentemperaturen in der Regel so weit angestiegen, dass die Umsetzungsprozesse im Boden sehr zügig verlaufen. Das bedeutet, dass sich die Wirkungssicherheit der N-Einzeldünger KAS, Harnstoff und AHL nur durch verschiedene Anforderungen an die Einsatzbedingungen unterscheiden. Hier die optimalen Bedingungen für Stickstoff-Einzeldünger auf einen Blick:

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Arne Klages, Ansprechpartner für Düngung bei der Pflanzenbau-Vertriebsberatung

Lösungen für die Praxis

„Für mich werden zwei Entwicklungen im kommenden Frühjahr wesentlich stärker als in der Vergangenheit eine Rolle spielen.“ Arne Klages, AGRAVIS Pflanzenbau-Vertriebsberatung

1. Teilflächenspezifische Lösungen

Die landwirtschaftliche Praxis wird wegweisend stärker die teilflächenspezifischen Lösungen nutzen. Eine Umverteilung der knappen Mineraldünger innerhalb der Fläche macht im Jahr 2022 mehr Sinn denn je. Dort, wo hohe Ertragspotenziale vorhanden sind, sollten diese möglichst ausgedüngt werden und in Zonen, die erfahrungsgemäß schwächer liefern, kann die Ausbringungsmenge reduziert werden.

Mit digitalen Hilfsmitteln pflanzenbauliche Präzision aufrecht erhalten

Der seit Jahren fortschreitende Strukturwandel mit dem Wachsen von Betriebs- und Schlaggrößen führt dazu, dass die Kenntnis der Teilfläche beim Anwender abnimmt. Entsprechend verlieren wir – unabhängig von der aktuellen Situation – kontinuierlich an pflanzenbaulicher Präzision. Mit dem Einsatz digitaler Hilfsmittel können wir hier erfolgreich gegensteuern. Das Verschneiden mehrjähriger Sattelitenaufnahmen führt zu einem qualitativ hochwertigen Bild der Ertragspotentiale in der Teilfläche. Dabei ist nicht automatisch die Bodenart die Ursache der Heterogenität, sondern häufig auch unterschiedliche Nährstoffversorgungsgrade oder bodenstrukturelle Differenzen. Kombiniert man diese Basis mit einem Sensor, der während der Überfahrt beim Düngen den aktuellen Versorgungsgrad der Pflanzen misst und zu dem möglichen Ertragspotential ins Verhältnis setzt, lässt sich eine hochpräzise Dosierung der Düngemittel erreichen, die wir bereits 2015 in Versuchen bestätigen konnten.

AGRAVIS NetFarming bietet praxisreife und erprobte Lösungen

Im Laufe der Jahre haben sich Qualität und Quantität der Satellitenaufnahmen noch einmal verbessert. So ist es heute auch ohne aktiven Sensor am Schlepper möglich, eine gute Umverteilung in der Fläche zu erreichen, die deutliche Vorteile gegenüber der ganzflächig einheitlichen Düngung bringt. Je nach Anwendungstermin und Anwendungssituation kann dann auf Basis einer aktuellen Biomassekarte gearbeitet werden. Die AGRAVIS Digital GmbH bietet hierzu mit Biomassekarten von Satelliten, teilflächenspezifischer Bodenprobenahme und variablen Applikationskarten von AGRAVIS NetFarming die passenden praxisreifen und erprobten Lösungen. Diese umfassen neben dem Kartenmaterial auch das Wissen über die passende Umverteilung auf dem Acker und die Umsetzung bis zur erfolgreichen Funktion im Terminal auf dem Schlepper.

Was sind Wurzelexsudate?

Wurzelexsudate sind Zuckerlösungen, die Pflanzen in die Rhizosphäre (der die Wurzelspitze unmittelbar umgebende Raum) abgeben, um die dort sitzenden Mikroben zu versorgen und zu beeinflussen.

2. Applikation von stickstoffbindenden Bakterien

Die sogenannte „dritte Stickstoffquelle“ ist seit vielen Jahren im Labor erprobt und von der Wissenschaft belegt. Was dem Einsatz auf den Äckern bisher im Wege stand, war zum einen die ausreichende Ernährung der Kulturpflanzen mit Stickstoff. Eine Mehrleistung durch Bakterien ist bei guter Versorgungslage mit Düngern nicht zu erwarten. Zum anderen ist die Wirkungssicherheit von Biostimulanzien nicht so einfach zu erzielen und nachzuweisen wie bei klassischen Dünge- und Pflanzenschutzmitteln. So ist es außerordentlich wichtig, die Anwendungsbedingungen und -verfahren der Produkte zu kennen und umzusetzen.

Nach einjähriger Prüfung haben sich die Produkte FreeN100 (Gaiago) und UtrishaN (Corteva) als aussichtsvoll gezeigt. Wichtig sind dabei die unterschiedlichen Anwendungen:

  • FreeN100 geht Symbiosen mit den Wurzeln der Kulturen ein und muss demnach auch auf den Boden ausgebracht werden. Eine Bodenbedeckung von maximal 50 Prozent stellt die Grenze dar. Ein feuchter Boden und Bodentemperaturen von mehr als sechs Grad, sind für eine gute Wirkung erforderlich. Der Einsatz von FreeN100 ist deswegen im Frühjahr vor allem in spät gesätem Getreide und den Sommerungen wie Mais, Rübe und Kartoffel sinnvoll. Die Organismen suchen sich dann den Weg zur Wurzel, der nur im feuchten Milieu gut gelingt, und beginnen die Synergie an den Füßen der lebenden Pflanze. Dort geschieht der Tauschhandel: Wurzelexsudate gegen pflanzenverfügbar gemachten Luftstickstoff. Mit der Ausbringung von FreeN100 wird der Anteil an Bakterien, die Luftstickstoff pflanzenverfügbar machen können, in der Rhizosphäre deutlich vermehrt.
  • Die Bakterien aus dem UtrishaN siedeln sich hingegen auf der Blattoberfläche an. Aus diesem Grund ist konträr zum FreeN100 bei der Ausbringung eine ausreichende Blattmasse erforderlich. Der Einsatz erfolgt später bei Temperaturen von mindestens zehn Grad. ein feuchtes Milieu ist aber auch hier notwendig, um die Beweglichkeit der Bakterien zu ermöglichen. Eine Applikation in den frühen Morgenstunden ist dafür optimal, zumal sich dann die schädliche UV-Strahlung noch in Grenzen hält. Erreicht das UtrishaN die Stomata (Spaltöffnungen auf den Blättern zum Gasaustausch), siedeln sie sich dort an und beginnen mit der Synergie. Das Abfallprodukt des pflanzlichen Stoffwechsels Methanol wird gegen den für Pflanzen nutzbaren Luftstickstoff getauscht. Da Getreide und Mais ihre Stomata sowohl auf der Blattunter- als auch Blattoberseite haben, deutet sich in diesen Kulturen der größte Nutzen an.

AGRAVIS aktuell digital 2203

Weitere Informationen gibt es bei ...

Arne Klages, Ansprechpartner für Düngung bei der Pflanzenbau-Vertriebsberatung
Telefon 0511 8075-3525 oder 0152 01810283
E-Mail arne.klages@agravis.de
www.agravis.de