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Fixe Kontrollpunkte bei der Färsenaufzucht nutzen

AGRAVIS aktuell digital 2108

Mit einer systematischen Aufzucht der Färsen können Landwirt:innen nicht nur in die Zukunft ihrer Herden investieren, sondern auch effektiv Potenziale im Milchviehbetrieb heben. Welche Kontrollpunkte gesetzt und beachtet werden sollten, zeigt Dr. Bernhard Lingemann, Tierarzt bei der AGRAVIS Futtermittel GmbH, auf.


Wann beginnt die Färsenaufzucht?

Kurz und knapp

  • Die Färsenaufzucht beginnt bereits vor der Geburt mit der Belegung des Muttertieres.
  • Neben dem Management bei der Geburt entscheidet auch die Tränkephase maßgeblich über das spätere Leistungspotenzial der Färse.
  • Für eine systematische Aufzucht können sich Landwirt:innen fixe Kontrollpunkte setzen, die sich an den täglichen Zunahmen, dem Körpergewicht und dem Body Condition Score orientieren.
  • Mit dem Erstkalbealter und mit einer erhöhten Nutzungsdauer der Herde lassen sich Betriebskosten reduzieren.

Dr. Lingemann: Die Frage klingt zwar recht simpel, aber das ist sie nicht. Denn schon vor der Geburt wird das spätere Leistungspotenzial der Färse maßgeblich beeinflusst. Bereits die Umweltbedingungen zum Zeitpunkt der Belegung des Muttertieres können sich auf die spätere Leistung der Färse auswirken. Ebenso hat das Management bei der Geburt einen großen Einfluss. Neben der Kolostrumversorgung ist die Tränkephase mit entscheidend, um das genetische Potenzial der heranwachsenden Färse auszuschöpfen. Eine konkrete Zahl, an der sich Betriebsleiter:innen orientieren können, sind die oft zitierten täglichen Zunahmen von 1.000 Gramm, die von der Geburt bis zum Absetzen erreicht werden sollten. Da Kälber, die intensiv aufgezogen werden, in der ersten Laktation als Färse ca. 500 bis 1.400 Liter mehr Milch im Vergleich zu nicht intensiv aufgezogenen Kälbern produzieren, ist das für mich ein erster Kontrollpunkt.

Gibt es weitere „Kontrollpunkte“ für die Färsenaufzucht?

Dr. Lingemann: Ja, die gibt es. Und sie sind wichtig, weil die Färsenaufzucht viele Betriebe vor Herausforderungen stellt. Denn die Aufzucht dauert in der Regel um die zwei Jahre. In dieser Zeit fallen auf den ersten Blick erhebliche Kosten an. Die Färse sollte aber keinesfalls als reiner Kostenpunkt angesehen werden, sondern als eine Investition. Und was macht ein gewissenhafter Unternehmer: Er schaut in regelmäßigen Abständen, wie sich seine Investition entwickelt! Daraus ergibt sich die logische Konsequenz, Kontrollpunkte zu etablieren. Da bei der täglichen Arbeit dieses Vorhaben leicht untergehen kann, empfiehlt es sich, fixe Zeitpunkte für die Kontrolle zu nutzen. Außerdem ist es wichtig, Konsequenzen aus den erhobenen Daten zu ziehen. Für den Betrieb sinnvolle kritische Punkte zur Kontrolle könnten wie folgt gesetzt werden: Nach dem sechsten Monat sollte die Färse ein Lebendgewicht von 220 Kilogramm haben und nach dem zwölften Monat eines von 350 Kilogramm mit einem Body Condition Score (BCS) von 3,25 bis 3,5. Vor der ersten Kalbung der Färse mit 24 Monaten, erwarte ich ein Gewicht von 650 Kilogramm bei gleichem BCS. Die Färsen früher fit und gesund zur ersten Kalbung zu bekommen ist durchaus möglich. Wichtig ist eine gute bis sehr gute Entwicklung der Tiere. Eine Belegung sollte stets nach Gewicht erfolgen. Je nach Betrieb empfiehlt es sich, die erste Belegung bei 380 Kilogramm durchzuführen. Die hier aufgeführten Zahlen und Kontrollpunkte beziehen sich allerdings nur auf die Rasse Holstein.

Wie kann ich die Aufzuchtkosten in meinem Betrieb senken?

Dr. Lingemann: Je nach Ausgangssituation im Betrieb kann die Antwort auf diese Frage unterschiedlich ausfallen. Dennoch gibt es zwei große Hebel, die im Betrieb enormen Einfluss auf die Aufzuchtkosten haben. Um eine Zahl für die Aufzuchtkosten zu nennen, können wir bei einer Vollkostenrechnung mit circa 60 Euro pro Färse und Monat rechnen. Damit ist auch schon der erste Hebel identifiziert: das Erstkalbealter. Eine Färse, die mit 27 Monaten das erste Mal kalbt, kostet im Vergleich zu einer Färse, die mit 24 Monaten kalbt, rund 180 Euro mehr in der Vollkostenrechnung. Eine intensive Färsenaufzucht ist damit sehr effektiv, um Kosten zu senken. Eine weitere Möglichkeit ist es, die Nutzungsdauer der Herde zu erhöhen, um die Kosten für die Bestandsergänzung zu reduzieren. Dieser Hebel hat weitere positive „Nebeneffekte“, welche die Wirtschaftlichkeit des Milchviehbetriebes positiv beeinflussen. Allerdings sind dafür auch einige weitere Ansätze im Betrieb notwendig. Zum Beispiel sollten die Klauengesundheit, Eutergesundheit und Fruchtbarkeit genauer unter die Lupe genommen werden. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Färsenaufzucht eine wichtige Investition in die Zukunft der Herde ist und eine systematische Aufzucht mit kritischen Kontrollpunkten eine sehr gute, effektive Möglichkeit ist, um Potenziale im Milchviehbetrieb zu heben.

Weitere Infos gibt es bei …

Dr. Bernhard Lingemann, Tierarzt bei der AGRAVIS Futtermittel GmbH
Telefon 0251 682-2286
E-Mail bernhard.lingemann@agravis.de